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AfD im Südwesten als Verdachtsobjekt eingestuft

Die AfD Baden-Württemberg steht im Verdacht, gegen Demokratie und Grundgesetz zu arbeiten. Der Verfassungsschutz beobachtet den Landesverband nun als Ganzes.

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Der Verfassungsschutz Baden-Württemberg sieht verfassungsfeindliche Bestrebungen in der AfD im Südwesten. Foto: Kay Nietfeld
Der Verfassungsschutz Baden-Württemberg sieht verfassungsfeindliche Bestrebungen in der AfD im Südwesten.
Foto: Kay Nietfeld

Die AfD wird jetzt offiziell in Baden-Württemberg vom Verfassungsschutz beobachtet. Der Landesverband wird als sogenanntes Verdachtsobjekt eingestuft, wie Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Donnerstag erklärte.

Die Geheimdienstler dürfen die Rechtspopulisten damit genauer unter die Lupe nehmen und unter strengen Voraussetzungen Mitglieder observieren und Telefone überwachen oder Informanten anwerben. Die Sicherheitsbehörden sehen »hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte« für verfassungsfeindliche Bestrebungen in der AfD Baden-Württemberg. Damit folgte der Geheimdienst der Bewertung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz.

Beobachtung soll bei Extremismus-Verdacht helfen

Mit der Beobachtung wollen die Verfassungsschützer herausfinden, ob sich der Extremismus-Verdacht erhärten lässt und die Gruppierung möglicherweise als erwiesen extremistisch eingestuft werden kann. Das ist zum Beispiel bereits beim Landesverband in Thüringen der Fall, an dessen Spitze mit dem Co-Landesvorsitzenden Björn Höcke der prominenteste Vertreter der Rechtsaußen-Strömung der Partei steht.

Die Landesverbände der AfD werden von den jeweiligen Landesbehörden ganz unterschiedlich beurteilt. Auch in Niedersachsen ist die AfD etwa Verdachtsobjekt - so wie in noch anderen Ländern, nur darf dies in einigen von ihnen aufgrund von Landesgesetzen nicht öffentlich mitgeteilt werden.

Extremistische Strömungen nehmen Einfluss

Im Südwesten wurden bislang lediglich die AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative und der rechtsnationale »Flügel« der Partei nachrichtendienstlich beobachtet. Diese Bewegungen werden auch als Grund angeführt, dass nun die ganze Partei ins Visier des Verfassungsschutzes rückt: Die extremistischen Strömungen hätten strukturellen Einfluss auf den Landesverband, erklärte Beate Bube, Präsidentin des Landesamts für Verfassungsschutz.

Der Einfluss dieser Gruppen sei gewachsen, der dort vertretene Volksbegriff stehe im Widerspruch zu zentralen Grundprinzipien der Verfassung. So habe das Wahlprogramm der AfD zur Landtagswahl eindeutig fremdenfeindliche Positionen enthalten.

Innenminister Strobl sagte, extremistische Kräfte seien prägend für das Bild, das die Südwest-AfD abgebe. Aus Sicht von Strobl kann die neue Beurteilung auch Auswirkungen auf Beamte haben, die Mitglied der Partei sind. »Die Mitgliedschaft in der AfD kann jetzt Anhaltspunkt sein, dass jemand nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht.« Das sei mit dem Beamtenstatus nicht vereinbar, es gebe dann aber immer eine Einzelfall-Entscheidung.

Der CDU-Politiker begründete den drastischen Schritt auch mit einer Entscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts. Die Partei hatte dort gegen die Einstufung als Verdachtsfall durch das Bundesamt geklagt, das Gericht hatte aber den Verfassungsschützern Recht gegeben. Der baden-württembergische Landesverband könne nicht isoliert vom Bundesverband betrachtet werden, erklärte Bube.

Weidel: »AfD soll offensichtlich mundtot gemacht werden«

Die Landesvorsitzende Alice Weidel sprach indes von einem »Willkürakt«. »Die AfD als regierungskritische Oppositionspartei soll offensichtlich mundtot gemacht werden«, sagte sie der dpa. »Das lassen wir uns als Demokraten nicht gefallen und werden, wie auch auf Bundesebene, juristisch und politisch dagegen vorgehen.«

AfD-Fraktionschef Bernd Gögel zeigte sich verwundert, dass die Ankündigung des Innenministers nur wenige Tage vor einem AfD-Landesparteitag kam. Dabei wird am Wochenende in Stuttgart mit der Wahl eines neuen Vorsitzenden eine Richtungsentscheidung über den künftigen Kurs der AfD in Baden-Württemberg erwartet, denn Bundestagsfraktionschefin Weidel will nicht mehr als Landesvorsitzende antreten.

Der Polizist und Bundestagsabgeordnete Martin Hess will kandidieren und gibt vor, einen gemäßigten Kurs einschlagen zu wollen. Gegenkandidat Dirk Spaniel, ebenfalls im Bundestag, wurde in der Vergangenheit hingegen eine Nähe zum »Flügel« nachgesagt.

Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, sagte, die AfD bleibe eine Partei, die die Demokratie zersetzen wolle. »Die Beobachtung durch den baden-württembergischen Verfassungsschutz ist daher nur richtig und nach meinem Empfinden überfällig.«

© dpa-infocom, dpa:220714-99-18329/4