Logo
Aktuell Inland

Abi-Verschiebung in NRW - Schulministerin in Erklärungsnot

Pannen im Abitur gab es schon viele in NRW - dass ein kompletter Start deswegen abgesagt werden muss, ist allerdings ein Novum. Das Ministerium verspricht Verbesserungen.

Hendrik Wüst
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst. Foto: David Young
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst.
Foto: David Young

Nachdem erstmals in Nordrhein-Westfalen der Start der Abiturprüfungen komplett verschoben werden musste, steht NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) erheblich unter Druck. Am Mittwoch entschuldigte sich die CDU-Politikerin ausdrücklich bei den rund 30.000 betroffenen Abiturienten sowie deren Eltern und Lehrern an etwa 900 Schulen. Sie wisse, was die kurzfristige Entscheidung mitten in den Prüfungsvorbereitungen bedeute. »Das ist wirklich ärgerlich.«

Auch Regierungschef Hendrik Wüst (CDU) räumte auf Twitter ein: »Dass die Abiturprüfungen in NRW verschoben werden müssen, darf nicht passieren - ganz gleich, woran es gelegen hat«. Im Namen der Landesregierung bat er alle Betroffenen um Entschuldigung.

Am Dienstagabend hatte das Schulministerium erst um 20.32 Uhr in einer Mail an die Schulleitungen kommuniziert, dass die Abi-Klausuren in den Prüfungsfächern Biologie, Chemie, Ernährungslehre, Informatik, Physik und Technik von Mittwoch auf Freitag verschoben werden müssen. Das ab 12 Uhr landesweit freigeschaltete Herunterladen der Aufgaben hatte nach Angaben des Ministeriums nur an etwa 300 von 900 Schulen geklappt. Betroffen seien rund 30.000 Abiturienten.

Die Probleme hingen möglicherweise damit zusammen, dass für den Download der Aufgaben erstmals eine Zwei-Faktor-Authentifizierung durch die Schulen nötig war, teilte das Ministerium am Abend mit. Mit dem Verfahren, dass Kunden etwa auch von Bankgeschäften kennen, sollte die IT-Sicherheit erhöht werden. Die zusätzliche Sicherheitsstufe sei nun aber wieder deaktiviert worden. Die Aufgaben für die nächsten Abiturprüfungen könnten sich die Schulen nun wieder mit der in den vergangenen Jahren angewendeten Technik herunterladen. Am Mittwoch sei es zu keinen weiteren Problemen gekommen. Die Schulen hätten alle Aufgaben für die zentralen Abiturprüfungen an diesem Donnerstag ohne Probleme herunterladen können.

Das Abi-Debakel ist aus Fellers Sicht allerdings kein Anlass, deswegen nach nur knapp zehn Monaten im Amt schon aus dem schwarz-grünen Kabinett zurückzutreten - wie von den Jungen Liberalen nahegelegt. »Einer muss ja jetzt dafür sorgen, dass es läuft«, beantwortete sie die Frage.

Wie sieht es bei den nächsten Downloads aus?

Aber kann sie das für die weiteren 20 Downloads von Abituraufgaben garantieren, die nach Angaben ihres Hauses insgesamt noch nötig sind? »Das wünschen wir uns alle - vor allem für die Abiturientinnen und Abiturienten«, antwortete Feller. »Aber in diesen Zeiten kann ich das nicht zusichern.«

Ihr Ministerium teilte am Mittwoch bei Twitter mit, dass der nächste Prüfungstermin in weiteren Fächern am Donnerstag eingehalten werde. Der Download der schriftlichen Abituraufgaben für die Prüfungen am Donnerstag (20. April) »verläuft reibungslos«, hieß es. Die Prüfungen könnten »wie geplant stattfinden«.

Der Download-Infarkt hatte sich nach Fellers Angaben bereits am Dienstagmittag kurz nach 14 Uhr in ihrem Ministerium angekündigt. Schüler- und Lehrerverbänden sowie die Opposition werfen ihr daher vor allem mangelnde Kommunikation vor.

Muslimischen Schülerinnen und Schülern bot die Ministerin wegen des Zuckerfests einen Ausweichtermin im Mai an. »Wer wegen des Festes nicht an den Prüfungen teilnehmen möchte, kann nach vorheriger Abstimmung mit der Schulleitung am 9. Mai nachschreiben.«

Geprüft werde, ob es am Freitag neue Abituraufgaben geben soll. Derzeit gebe es dafür aber keinen konkreten Anlass, sagte eine Fachreferentin des Ministeriums. »Wir gehen davon aus, dass die Aufgaben nicht verbrannt sind.«

Immer wieder haben seit Einführung des Zentralabiturs in NRW 2007 größere und kleinere Pannen für Schlagzeilen und teils auch für Ersatzaufgaben und Nachschreibetermine gesorgt. Den heftigsten Wirbel hatte zuvor das sogenannte Oktaeder des Grauens ausgelöst, das den Abiturjahrgang 2008 vor fast unlösbare Mathe-Aufgaben gestellt hatte. Ergebnis: Alle Betroffenen durften die Klausur neu schreiben.

Mehrere Lehrerverbände forderten, nun ein pannenfreies Abitur sicherzustellen. Feller versicherte, jetzt werde mit Hochdruck daran gearbeitet, dass dies die einzige Störung im Abitur 2023 bleibe.

© dpa-infocom, dpa:230419-99-371676/5