FRANKFURT. Die indische Variante des Coronavirus kann nach Einschätzung der Frankfurter Virologin Sandra Ciesek die Wirkung der Impfung schwächen, ihren Schutz aber nicht ausschalten.
Die inzwischen schon in Dutzenden Ländern kursierende Mutante B.1.617 hatte in Deutschland zuletzt einen Anteil von weniger als 2 Prozent, allerdings mit steigender Tendenz.
»Die Varianten aus Indien haben einen leichten Immun-Escape, also eine leicht verminderte Wirksamkeit«, sagte die Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt im NDR-Podcast »Das Coronavirus-Update«. Was man beobachte, sei »eine leichte Einschränkung, aber kein vollständiges Versagen der Impfungen«.
Berichte aus Großbritannien, wonach sich Altenheimbewohner trotz vollständiger Impfung mit dieser Variante neu angesteckt haben, beunruhigen Ciesek nicht allzu sehr: Kein Impfschutz wirke vollständig, gerade bei Älteren mit schlechterem Immunsystem. Reinfektionen seien nicht verwunderlich. »Das Wichtige ist, dass diese Menschen nicht schwer erkranken.«
Ob die indische Variante die Öffnungsschritte der Briten gefährde, könne man derzeit noch nicht abschätzen. Auch in Deutschland müsse man beobachten, ob der Anteil der indischen Variante weiter ansteige oder ob die Zahlen stagnierten. Dabei könne Deutschland von den Daten aus Großbritannien profitieren, wo diese Variante weiter verbreitet sei und wo mehr sequenziert werde.
Wie es global weitergehe, wenn mit sinkenden Inzidenzen der weltweite Tourismus zurückkehre, bleibe abzuwarten, sagte Ciesek. »Wir sehen ja gerade in Indien und auch in anderen Ländern wie Brasilien, dass dort neue Varianten entstehen, die dann wieder mit nach Deutschland gebracht werden und hier auch wieder zu einer Gefährdung führen können.«
Auch wenn sich die Lage in Deutschland und Europa entspanne, dürfe man darüber den Rest der Welt nicht vergessen, mahnte Ciesek. »Wir sitzen nicht in einer Glaskugel, sondern sind eine Welt. Deswegen wird die Pandemie auch erst beendet sein, wenn sie weltweit beendet wird.« Die reichen Länder hätten auch eine Verantwortung, »aber viele denken nur in ihrem Radius«. Sie wünsche sich, dass die Welt nach dem Ende der Pandemie »wirklich versucht, daraus zu lernen und zwar nicht nur vor Ort, sondern auch weltweit«. (dpa)