In Südeuropa ist die gefährliche Krankheiten übertragende Asiatische Tigermücke schon länger heimisch, seit einiger Zeit breitet sie sich auch in Deutschland aus. In Mittelitalien lege die Art mit dem Fachnamen Aedes albopictus gelegentlich sogar noch im Winter Eier ab, berichtet nun ein Forscherteam im Fachmagazin »Royal Society Open Science«.
Im Zuge des Klimawandels drohen die Tiere demnach in mehreren Regionen Südeuropas ganzjährig zu brüten - was das Potenzial der Ausbreitung von Krankheiten immens vergrößern würde. Auch in einigen Gegenden Süddeutschlands seien die Bedingungen für eine gelegentliche Eiablage im Winter in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich zunehmend häufig gegeben, so das Forscherteam.
Die Fähigkeit, sich das ganze Jahr über fortzupflanzen zu können, sei eine Grundvoraussetzung dafür, dass eine von der Mücke übertragene Krankheit in gemäßigten Gebieten endemisch - also dauerhaft auftretend - werden kann. Die Asiatische Tigermücke wurde in den 1970er-Jahren nach Europa eingeschleppt und ist inzwischen in mehr als 20 Ländern des Kontinents vertreten, wie es in der Studie heißt. Sie kann Dutzende Viren übertragen, darunter potenziell tödliche Erreger wie Dengue-, Chikungunya- und Zika-Virus.
Zika-Infektionen in Frankreich gemeldet
In Deutschland gibt es bisher keinen bekannten Fall einer solchen Ansteckung, in benachbarten Ländern allerdings schon - in Südfrankreich zum Beispiel wurden mehrfach Zika-Infektionen durch dort heimische Tigermücken gemeldet. Nachgewiesene Dengue-Infektionen gab es etwa auf Madeira sowie in Kroatien und Frankreich. Auch Chikungunya-Ausbrüche gab es im Mittelmeerraum bereits.
Die ursprünglich in den süd- und südostasiatischen Tropen und Subtropen heimische Mückenart fühlt sich auch in Deutschland zunehmend wohl. Erst im November hatte die Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (Kabs) in Speyer gemeldet, dass sich die Art in diesem Jahr am Oberrhein im Zuge der Sommermonate deutlich ausgebreitet hat. Die Zahl der Gemeinden mit etablierter Population habe sich gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Die Trockenheit habe den Mücken nicht geschadet, sie hätten genug Brutmöglichkeiten etwa in Straßengullys gefunden.
Anders als heimische Mücken nutzen die Tiere häufig kleine Wasserreservoirs etwa in Untersetzern von Blumentöpfen und sind vor allem im urbanen Umfeld wie großen Städten verbreitet. Hierzulande existieren vor allem im süddeutschen Raum bereits mehrere Populationen. Zudem wurden Asiatische Tigermücken auch in diesem Jahr wieder in einer Berliner Kleingartenanlage nachgewiesen. »Eine erfolgreiche Überwinterung ist damit belegt und eine dauerhafte Ansiedlung zu befürchten«, hieß es von der Senatsverwaltung für Gesundheit.
Eiablagen im Winter in Italien nachgewiesen
In Italien wurde die Art bereits in allen Regionen nachgewiesen. Um die künftige Verbreitung abzuschätzen, untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Irene Del Lesto vom Istituto Zooprofilattico Sperimentale del Lazio e Toscana (IZSLT) in Grosseto nun die Fähigkeit der Mücken, auch im Winter zu brüten. Zudem führten sie Computersimulationen bis zum Jahr 2080 durch, um auf die Entwicklung abhängig von den prognostizierten Witterungsbedingungen zu schließen.
Das Team hängte in der mittelitalienischen Region Latium, in der auch die Hauptstadt Rom liegt, Eierfallen aus. Im Winter - jeweils Anfang Dezember bis Ende Februar - wurden von 2018 bis 2022 die insgesamt 469 Fallen alle 14 Tage auf Eier untersucht. An 38 Stellen wurden insgesamt 87 Eiablagen mit 1113 Eiern gefunden.
Die Wissenschaftler glichen die Zeiten der Eiablage mit den durchschnittlichen Minimaltemperaturen in den Wochen zuvor ab. Die Schwelle für eine sporadische Eiablage liegt demnach bei etwa vier Grad. Ganzjähriges Brüten erlaubt früheren Studien zufolge eine Minimaltemperatur von etwa zehn Grad im Januar.
Ausbreitung exotischer Mücken in Deutschland wahrscheinlich
Die weitere Temperaturentwicklung im Mittelmeerraum wurde mit Klimamodellen simuliert. Für den Zeitraum bis 2080 sind demnach schon bei geringer Erderwärmung Minimaltemperaturen von acht bis zehn Grad im Januar an zahlreichen Küstenabschnitten in Südeuropa - vor allem in Portugal, Spanien, Italien und Griechenland - zu erwarten. In einigen Regionen seien auch mehr als zehn Grad möglich und die Tigermücke könne ganzjährig brüten. Bei einer stärkeren Erwärmung wäre die Minimaltemperatur von zehn Grad an den Küsten Südeuropas sogar weit verbreitet, so die Forscher.
Auch in Deutschland ist mit einer weiteren Ausbreitung exotischer Mückenarten zu rechnen. Bundesweit wurden nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) seit 2007 fünf neue Stechmücken-Arten nachgewiesen, die sich hierzulande angesiedelt haben.
Exotische Mücken sind in Deutschland seit einigen Jahren aber nicht die einzigen potenziellen Überträger gefährlicher Krankheiten: Vor drei Jahren erfasste das Robert Koch-Institut (RKI) erstmals Infektionen mit dem ursprünglich aus Afrika stammenden West-Nil-Virus bei erkrankten Menschen in Deutschland, die auf eine Übertragung durch heimische Mücken zurückgingen. Im Jahr 2020 wurde erstmals ein Todesfall registriert.
Weil das West-Nil-Virus in Stechmücken in Deutschland überwintern kann, rechnen Experten mit zunehmenden Fallzahlen bis hin zu größeren saisonalen Erkrankungswellen. In süd- und südosteuropäischen Ländern gibt es schon seit Jahren solche Ausbrüche.
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