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Quanten-Nobelpreis: Und Beamen geht irgendwie doch

Quantenphysik ist wie eine Zauberwelt in winzigem Maßstab. Vordenker auf diesem Gebiet bekommen nun den Nobelpreis. Sie konnten Dinge zeigen, die unsere Fantasie beflügeln - zum Beispiel Teleportation.

Anton Zeilinger
Der österreichische Quantenphysiker Anton Zeilinger wird zusammen mit zwei weiteren Forschern mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. Foto: Matthias Röder
Der österreichische Quantenphysiker Anton Zeilinger wird zusammen mit zwei weiteren Forschern mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.
Foto: Matthias Röder

Für Fachleute sind verschränkte Quanten und deren Anwendungen nichts weniger als der Schlüssel zu einer technischen Revolution. Sie machen Telefonate abhörsicher, sind die Grundlage unfassbar schneller Computer und ermöglichen es, Informationen regelrecht zu beamen. Kein Wunder also, dass es für grundlegende Arbeiten auf dem Gebiet der Quantenmechanik den diesjährigen Physik-Nobelpreis gibt.

Ganz grob gesagt geht es bei der Quantenverschränkung um winzigste Teilchen, die in gewisser Weise miteinander verbunden sind - auch wenn sie getrennt werden und dann viele Kilometer voneinander entfernt sind. Wird der Zustand des einen Teilchens gemessen, ist automatisch auch der Zustand des anderen Teilchens festgelegt.

Datenmengen noch recht beschränkt

Und nicht nur das: Ändert man den Zustand des einen Teilchens auf bestimmte Weise, hat das Auswirkungen auf das andere Teilchen, obwohl keinerlei Verbindung zwischen den beiden besteht. »In der Kommunikation gibt es erste Netzwerke, die auf dieser Quantentechnologie beruhen, und die eine abhörsichere Datenübertragung erlauben. Aber die übertragenen Datenmengen sind noch recht beschränkt«, sagte Immanuel Bloch von der LMU München der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Quantenzustände lassen sich auch zwischen den Teilchen übertragen - im Volksmund: teleportieren. Hoffnungen auf das Beamen wie in der Serie Raumschiff Enterprise erteilt Bloch aber eine Absage: »Menschen zu teleportieren wird sehr wahrscheinlich nie funktionieren, weil sie einfach zu komplex sind.«

Zum besseren Verständnis erklärt der Physiker Tobias Meng von der TU Dresden das Phänomen der verschränkten Quanten mit voneinander getrennten Zwillingen, die immer die gleiche Laune haben. Fragt man den einen der beiden nach seinem Wohlbefinden und bekommt die Antwort »Gut«, ist auch der andere wohlauf.

Schwer verdauliche Theorie

Allerdings beschreibt das Zwillingsbeispiel die sogenannte Verschränkung nur unzureichend, sagte Meng der dpa. Denn die Crux bei der Quantenmechanik sei: »Alle Metaphern, die man anhand von Alltagsbeispielen macht, treffen es in letzter Konsequenz nicht ganz.« So wären die Zwillinge in der Quantenwelt sowohl traurig als auch fröhlich gleichzeitig, erst zum Zeitpunkt der Frage wäre die Laune eindeutig feststellbar.

So schwer verdaulich die Theorie hinter den Prinzipien ist, für die der Franzose Alain Aspect, der US-Amerikaner John Clauser und der Österreicher Anton Zeilinger den Nobelpreis bekommen, so beeindruckend sind mögliche Anwendungsmöglichkeiten. »Die Quantenverschränkung ist wie ein neues Werkzeug im Werkzeugkoffer«, sagt Meng. Ein Einsatzgebiet sind sogenannte Quantencomputer. In sie werden große Hoffnungen gesetzt, weil sie in bestimmten Anwendungen wesentlich schneller und komplexer rechnen können als heutige Supercomputer.

Die verschränkten Quantenzustände bieten dabei das Potenzial für neue Möglichkeiten der Speicherung, Übertragung und Verarbeitung von Informationen. Langfristig geht es also nicht nur um eine abstrakte akademische Fragestellung, sondern um konkrete Fortschritte in der Computer-Technologie, die mit bislang verwendeten Verfahren nicht mehr erreicht werden können.

Noch nicht praxistauglich

So erwarten Experten, dass Quantencomputer in der Lage sein werden, Verschlüsselungen zu knacken, die zuvor als absolut sicher galten. Quantencomputer sind allerdings noch nicht praxistauglich, unter
anderem weil sie die in ihnen gespeicherte Information derzeit noch
extrem schnell verlieren. Außerdem sind die Systeme nicht portabel, da sie aufwendig bis in die Nähe des absoluten Nullpunkts gekühlt werden müssen.

Ein anderes Anwendungsgebiet ist abhörsichere Kommunikation - Stichwort Quantenkryptografie. »Ich kann sicher Daten übertragen, denn man würde sofort merken, wenn jemand mithört und kann dann die Übertragung abbrechen oder den übertragenen kryptografischen Schlüssel nicht verwenden«, erklärt Bloch, der auch am Max Planck Institut für Quantenoptik in Garching arbeitet.

So schafften es Zeilinger und chinesische Kollegen vor einigen Jahren, das erste abhörsichere Quanten-Videotelefonat über die weite Distanz zwischen Wien und Peking zu führen. Die Sicherheit des Videotelefonats soll nach Angaben der österreichischen Akademie der Wissenschaften mindestens eine Million mal höher gewesen sein als mit konventionellen Methoden der Verschlüsselung.

© dpa-infocom, dpa:221003-99-994463/14