Logo
Aktuell Wissenschaft

Neue Wetterdienst-Präsidentin: Wir müssen noch besser werden

Sie blickt angesichts des Klimawandels als neue Präsidentin des Deutschen Wetterdienstes ins Auge des Sturms. Für Sarah Jones ein Grund, auf noch bessere Vorhersagen und Vernetzung zu setzen.

Neue Präsidentin beim Deutschen Wetterdienst
Sarah Jones ist von August 2023 an neue Präsidentin beim Deutschen Wetterdienst. Foto: Andreas Arnold/DPA
Sarah Jones ist von August 2023 an neue Präsidentin beim Deutschen Wetterdienst.
Foto: Andreas Arnold/DPA

Ab heute steht Sarah Jones offiziell als Präsidentin an der Spitze des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Die Behörde ist für die 58-jährige Deutsch-Britin mit Physik- und Meteorologiestudium kein Neuland: Bereits seit 2011 ist sie Mitglied des DWD-Vorstands und verantwortlich für den Bereich Forschung und Entwicklung.

Zu ihren Arbeitsgebieten gehörte unter anderem die Verbesserung der Wettervorhersage und der Klima- und Umwelt-Services der Behörde. Ein Thema, das ihr weiter am Herzen liegt - gerade angesichts der Herausforderungen durch den Klimawandel. »Es ist ganz klar: Wir müssen alles tun, was wir tun können, um auf die Einflüsse und die Folgen des Klimawandels angemessen zu reagieren«, sagt die neue DWD-Chefin.

»Wir müssen unsere verschiedenen Werkzeuge so weiterentwickeln, dass wir auf einer Reihe von Zeitskalen von den kurzfristigen Zeiten für die Wettervorhersage bis hin zu den langen Zeiten, wo wir Klimawandel dann merken«, Aussagen machen können, betont Jones im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. »Und wir müssen auch dafür sorgen, dass die Informationen auch kommuniziert und verständlich gemacht werden, damit es dort ankommt, wo unsere Kundinnen und Kunden und die Allgemeinheit es brauchen.«

Wetter- und Klimaberatung zusammenführen

Die Herausforderungen für den Deutschen Wetterdienst im Zusammenhang mit dem Klimawandel seien vielfältig, unterstreicht die Wissenschaftlerin, die in der Vergangenheit für ihre Forschung über tropische Zyklone ausgezeichnet wurde.

Die Behörde müsse einerseits Informationen bereitstellen, wie die Auswirkungen auf die Zukunft sein können, wenn es etwa um Hitze, Trockenheit und deren Folgen gehe. »Wir müssen aber auch noch besser in der Lage sein, aktuelle Vorhersagen dazu bereitzustellen, damit wir dann Warnungen herausgeben können.«

Zunehmend werde die Wetter- und Klimaberatung zusammengeführt, erläutert Jones. »Wenn ich eine Wettervorhersage für ein Extremwetterereignis richtig nutzen will, muss ich auch ein Verständnis haben von dem Klima, in dem es sich entwickelt. Und das ist für uns die Zukunft. Das ist Wetter und Klima zusammen.«

Wetter-Warnungen werden zu einer Gratwanderung

Denn im Zusammenhang mit Klimaveränderungen und dem nun schon seit Jahrtausendbeginn festgestellten globalen Temperaturanstieg nimmt die Wahrscheinlichkeit für Extremwetterereignisse wie Starkregen, aber auch Hitze zu. Allerdings habe jedes Wetterereignis seine eigenen speziellen Eigenschaften, die Einfluss auf die Möglichkeiten bei der Vorhersage hätten.

Ein Starkregenereignis, das sehr, sehr viel Gewitter beinhaltet, hat nur sehr kurze Zeitskalen. In einer Hitzewelle dagegen sprechen die Meteorologen von längeren Zeitskalen von mehreren Tagen bis zu Wochen.

Doch möglichst präzise Vorhersagen sind das eine - die Umsetzung von Warnungen in Maßnahmen vor Ort das andere. Die Katastrophe im Ahrtal galt in dieser Hinsicht als Weckruf. »Es ist wichtig, eine Warnung rechtzeitig auszugeben und dabei auch die Informationen mitzugeben: Wie sicher ist diese Information und was ist die mögliche Spannbreite von Ereignissen?«, sagt Jones und weist auf den schwierigen Balanceakt beim Warnsystem hin:

»Wenn man zu viel warnt, dann wird man nicht mehr gehört.« Wichtig sei auch die Vernetzung auf vielfältigen Ebenen, ob an der Schnittstelle zwischen Bund und Ländern oder mit Akteuren vor Ort.

Portal zu Naturgefahren in Arbeit

Mit den Warnungen alleine sei es aber nicht getan - die Informationen müssten auch benutzt werden entlang »einer ganzen Kette von Entscheidungen, die getroffen werden müssen«. Das gelte etwa für den Katastrophenschutz als einen Schlüsselkunden des DWD. Daneben setze der DWD aber auch auf die kostenlose Warn-App, »damit die Menschen in Deutschland sehr gut informiert sind, wenn ein Wetterereignis mit einem hohen Schadenspotenzial im Anmarsch ist«.

Derzeit sei der DWD mit anderen Partnern aus Bund und Ländern dabei, ein Portal zu Naturgefahren zu entwickeln, sagt Jones zu Neuerungen in der Behörde. So könnten alle relevanten Informationen für verschiedene Arten von Naturgefahren online gefunden werden. »Wetter und Klima spielen bei einem Großteil aller Naturgefahren eine wesentliche Rolle.«

Das Klima in Deutschland

Die Jahres- und Klimabilanzen des DWD zeigen schon seit Jahren immer wieder neue Temperaturanstiege und Rekorde. Die Zahl der sogenannten Tropennächte in Großstädten am Rhein oder im Rhein-Main-Gebiet hat ebenso zugenommen wie die Zahl der heißen Tage mit mehr als 30 Grad. Sind Hitzewellen das neue Normal in Deutschland?

»Wir müssen uns auf jeden Fall darauf einstellen, dass Hitzewellen häufiger auftreten werden und dass in Verbindung damit auch trockene Perioden zunehmen«, sagt Jones. »Das bedeutet nicht, dass es nicht kalt sein kann, sondern dass die Wahrscheinlichkeit von einem kalten Winter geringer ist. Im Mittel wird es mehr Hitzewellen geben und weniger kalte Winter.«

© dpa-infocom, dpa:230727-99-553615/5