Rund zwei Monate nach dem ersten nachgewiesenen Fall von Affenpocken in Deutschland ist die Zahl der entdeckten Erkrankungen auf mehr als 2000 gestiegen. Das Robert Koch-Institut (RKI) wies am Dienstag auf seiner Webseite genau 2033 Betroffene in Deutschland aus. Besonders viele Nachweise kommen aus Berlin, wo laut dem Landesamt für Gesundheit und Soziales bislang 1140 Nachweise des Erregers gemeldet worden sind.
Nach Berliner Behördenangaben ist der Impfstoff gegen die Krankheit begehrt - und bisher knapp bemessen. Die meisten Bundesländer haben bisher nach RKI-Daten jeweils weniger als 100 Fälle gemeldet, teils sind es sogar weniger als zehn.
Wie aus einer RKI-Analyse vom Dienstagnachmittag (Datenstand 14. Juli) hervorgeht, liegt Hamburg bei der Inzidenz mit einigem Abstand hinter Berlin. Auch in Flächenländern sind demnach vor allem wenige große Städte wie München, Frankfurt, Köln und Düsseldorf betroffen. Der weitere Verlauf des Ausbruchs sei aktuell nur schwer einschätzbar, halten die RKI-Experten fest. Bis zur Woche 20. bis 26. Juni sei die Zahl der gemeldeten Fälle von Woche zu Woche stark angestiegen, seitdem habe sich der Anstieg deutlich abgeflacht.
Eine nachhaltige Kontrolle sei am ehesten zu erwarten, »wenn in den Gruppen, in denen viele Infektionen vorkommen, eine hohe Impfquote erreicht werden kann«, hieß es. Es müsse allerdings damit gerechnet werden, dass sich der Ausbruch mit geringeren Fallzahlen möglicherweise in den nächsten Jahren fortsetze.
Mit Ausnahme von vier Frauen bundesweit sind nach RKI-Angaben alle Erkrankten Männer. »Die Übertragungen erfolgen in diesem Ausbruch nach derzeitigen Erkenntnissen in erster Linie im Rahmen von sexuellen Aktivitäten, aktuell insbesondere bei Männern, die sexuelle Kontakte mit anderen Männern haben«, schreibt das RKI. Grundsätzlich kann sich mit dem Virus jeder anstecken, der engen körperlichen Kontakt mit einem Infizierten hat. Eine Gefährdung für die Gesundheit der breiten Bevölkerung schätzt das RKI derzeit als gering ein.
Sehr hohe Nachfrage nach Impfungen in Berlin
Impfungen gegen Affenpocken, die bislang nur bestimmten Gruppen empfohlen werden, sind in Berlin Mitte vergangener Woche angelaufen. Die Senatsverwaltung für Gesundheit sprach auf Anfrage von einer sehr hohen Nachfrage. Wie viele Menschen schon geimpft wurden, war am Dienstag aber noch nicht klar. Das Impfmonitoring laufe gerade an. Die rund 8000 in der Metropole verfügbaren Impfdosen dürften nach Einschätzung der Behörde aber schnell aufgebraucht sein. Man brauche deshalb zeitnah Nachschub vom Bund, hieß es. Einen genauen Zeitpunkt für weitere Lieferungen gebe es aber noch nicht, bisher sei vom dritten Quartal die Rede gewesen. Auch das RKI betonte, dass es darauf ankommen werde, ausreichend Impfstoff verfügbar zu machen.
Für die vergangene Woche zeigt sich in den Meldezahlen für Berlin ein leichter Rückgang. »Aufgrund der Schwankungen in den Fallzahlen müssen wir jedoch abwarten, ob es sich um einen stabilen Trend handelt«, erklärte die Gesundheitsverwaltung. Die Entwicklung könne mit Veränderungen in der Vollständigkeit der Erfassung zusammenhängen und/oder einen tatsächlichen Rückgang der Ansteckungshäufigkeit widerspiegeln, etwa durch sich langsam aufbauende natürliche Immunität oder durch Veränderungen im Risikoverhalten der hauptsächlich betroffenen Gruppe.
Aus Gran Canaria eingeschleppt?
In der frühen Phase des Ausbruchs hatte noch rund die Hälfte der bis dahin Betroffenen in Berlin die Ansteckung offenbar von Reisen mitgebracht, wie aus einer Untersuchung im Journal »Eurosurveillance« hervorgeht. Viele seien Mitte Mai bei einem Pride-Event auf Gran Canaria gewesen. Ab dem 23. Mai habe der Ausbruch in der Hauptstadt an Fahrt gewonnen. Die Fachleute sehen dann eine Verschiebung hin zu Ansteckungen vor allem in Deutschland und insbesondere in Berlin. Dort gibt es laut der Untersuchung eine bundesweit gesehen vergleichsweise große Gruppe von Männern, die gleichgeschlechtlichen Sex haben. Berlin sei auch ein wichtiger internationaler Hotspot der Community.
Die Krankheit verläuft nach RKI-Angaben bei den meisten Menschen mild und heilt in der Regel von alleine ab. Schwere Verläufe sind aber möglich - laut RKI-Bericht ist hier eine Zunahme zu befürchten, falls sich Kleinkinder, Schwangere oder Menschen mit ausgeprägter Immunschwäche infizieren. Das Ansteckungsrisiko lässt sich laut einem Flyer von RKI und Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung verringern, indem die Zahl der Sexpartner reduziert wird. Auch Kondome könnten das Infektionsrisiko verringern, hieß es - sie schützten aber nicht vor einer Übertragung, wenn Hautveränderungen an anderen Stellen des Körpers berührt würden. Wer an Affenpocken erkrankt ist, soll den Behörden zufolge auf Sex, Berührungen und Küsse verzichten.
RKI zu Affenpocken in Deutschland
Publikation in »Eurosurveillance«
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