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Klonen ausgestorbener Tiere: Gentechnik für den Artenschutz

Seit dem Schaf »Dolly« hat sich das Klonen etabliert. Ein früher Meilenstein führte vor 20 Jahren zu einer kuriosen Situation: Der Pyrenäensteinbock starb innerhalb kurzer Zeit gleich zweimal aus.

Pyrenäensteinbock
Ausgestorben: Der Pyrenäensteinbock konnte mithilfe von Gentechnik kurzzeitig wiederauferstehen. Foto: B. Clos/DPA
Ausgestorben: Der Pyrenäensteinbock konnte mithilfe von Gentechnik kurzzeitig wiederauferstehen.
Foto: B. Clos/DPA

Im Jahr 2000 setzte ein umstürzender Baum dem Pyrenäensteinbock ein jähes Ende. Über Tausende von Jahren hatte diese Unterart des Iberiensteinbocks (Capra pyrenaica) in den Bergen zwischen Frankreich, Andorra und Spanien gelebt. Dann reduzierten Krankheiten und vor allem die intensive Bejagung durch den Menschen die Bestände drastisch.

Im Jahr 1989 wurden noch ein Dutzend der auch Bucardo genannten Bergziegen registriert, ein Jahrzehnt später war das Weibchen »Celia« die letzte Vertreterin ihrer Art. Im Jahr 2000 fanden Wildhüter das Tier erschlagen unter einem umgefallenen Baum. Damit war der Pyrenäensteinbock (Capra pyrenaica pyrenaica) ausgestorben - zumindest vorerst.

Parallelen zu Klonschaf »Dolly«

Denn drei Jahre später - vor genau 20 Jahren - ließen spanische Forscher die Unterart wiederauferstehen. Die Forschenden hatten »Celia« vor ihrem Tod Gewebeproben entnommen und eingefroren und konnten das Tier so klonen. Die Methode war bereits 1996 beim Klonschaf »Dolly« zum Einsatz gekommen.

Aus den eingefrorenen Zellen von »Celia« isolierte das Team die Zellkerne, die das Erbmaterial des Tieres enthalten. Diese wurden in entleerte Eizellen von Hausziegen eingebracht. Wie das Team um den Tiermediziner Alberto Fernández-Arias im Fachblatt »Theriogenology« berichtete, handelte es sich bei den Leihmuttertieren um Hybride zwischen Steinböcken und Hausziegen.

Im Verlauf Dutzender Versuche wurden sieben Tiere trächtig. Doch nur eine Leihmutter trug den Klon aus: Am 30. Juli 2003 kam das Kitz per Kaiserschnitt zur Welt. »Unseres Wissens ist dies das erste Tier, das von einer ausgestorbenen Unterart abstammt«, schrieben die Wissenschaftler.

Doch der Erfolg währte nur kurz. Der neugeborene Bucardo starb binnen zehn Minuten an Lungenversagen. Damit war der Pyrenäensteinbock ein zweites Mal ausgestorben. Das Klonen sei zwar kompliziert, aber bei Arten wie dem Bucardo die einzige Möglichkeit, das vollständige Verschwinden zu verhindern, schrieben die Forschenden.

Wiederauferstehung des Mammuts?

Tatsächlich inspirierte das Experiment Wissenschaftler weltweit. Sie machten sich auch Gedanken darüber, bereits ausgestorbene Arten wiederzubeleben. So arbeitet der Molekularbiologe George Church von der Harvard Universität an der Wiederauferstehung des Mammuts.

Church will Zellen des Asiatischen Elefanten mit Mammut-Genen kombinieren, die aus Gewebeproben von Überresten des Giganten stammen. Die DNA in jenen Resten reicht Church zufolge nicht aus, um einen Mammut-Klon zu erschaffen, könnte aber in das Erbgut heutiger Dickhäuter eingefügt werden. Das Ergebnis wäre keine Mammut-Kopie, sondern wahrscheinlich ein kälteresistenter behaarter Elefant. 2027 soll das erste Hybrid-Kalb geboren werden.

Solche Vorhaben stoßen auch auf Kritik. Viele Tierschützer lehnen das Klonen generell ab, etwa weil dabei zahlreiche Embryonen sterben und viele auf die Welt gekommenen Klone unter Missbildungen oder Krankheiten leiden. Auch Klone für die medizinische Forschung stehen in der Kritik. So werden - etwa in Deutschland - genetisch veränderte Schweine geklont, die eines Tages als Organspender dienen sollen, aber auch als Versuchstiere für die Pharmaindustrie.

Eine andere Motivation steht beim Klonen von Kamelen in Dubai im Vordergrund: Hier werden Duplikate von Tieren erzeugt, die besonders viel Milch geben oder bei Rennen und Schönheitswettbewerben erfolgreich waren - eine Praxis, die auch im Pferdereitsport angewandt wird. Gerade Hochleistungspferde für das Springreiten oder Polo werden seit rund 20 Jahren geklont. 2003 war einer italienischen Forschungsgruppe die erste genetische Kopie eines Pferdes geglückt.

Bedeutung des Klonens für die Rinderzucht

Auch in der Rinderzucht ist Klonen seit langem von kommerzieller Bedeutung. In den USA, Japan, China und Südkorea haben sich viele Unternehmen auf das Klonen von Zuchtbullen mit hoher Spermaproduktion und von Kühen, die besonders viel Milch produzieren, spezialisiert. Daneben gibt es auch geklonte Schweine, Ziegen und Schafe.

Im Jahr 2015 machte das chinesische Unternehmen Boyalife mit der Ankündigung Schlagzeilen, in der Hafenstadt Tianjin eine Klon-Fabrik errichten zu wollen. Dort sollten bis zu eine Million Rinder erzeugt werden. Wie weit diese Pläne fortgeschritten sind, ist nicht bekannt: Neben Presseberichten zu den Plänen finden sich diese bislang nur als Ankündigung auf der Boyalife-Website.

Der südkoreanische Tiermediziner Hwang Woo-suk schuf mit einem Team den Klonhund »Snuppy« und berichtete darüber 2005 im Fachjournal »Nature«. Dem Klonen von Hunden ist der Forscher treu geblieben. Sein Unternehmen bietet unter dem Titel »Not You But You« (»Nicht Du, aber Du«) das Klonen von Hunden an. Dabei ist auf der Internetseite nicht nur von Haustieren die Rede, sondern auch von Arbeitshunden, etwa von Spürhunden für den Polizeidienst.

© dpa-infocom, dpa:230727-99-548522/5