Der Hund ist der beste Freund des Menschen, heißt es oft. Und tatsächlich haben beide schon seit langer Zeit eine innige Verbindung zueinander. Wann und warum genau es zur Domestizierung und letztlich zur Dauerfreundschaft kam, ist noch nicht abschließend geklärt. Juliane Bräuer, Forschungsgruppenleiterin der Hunde-Studien am Max-Planck-Institut für Geoanthropologie, hat eine Theorie: »Meine These ist, dass ihre Nase eine große Rolle gespielt hat.«
Dafür braucht es einen Blick auf die Anfänge: Es gibt unterschiedliche Schätzungen, wie lange Mensch und Hund schon zusammenleben. Bräuer geht von ungefähr 30.000 Jahren aus. Was genau dazu geführt hat, kann sie wie andere Forscher zwar nicht mit 100-prozentiger Sicherheit sagen, aber: »Offensichtlich passen wir zusammen von der Sozialstruktur. Irgendwas muss uns aber dann gemeinsam erfolgreich gemacht haben.«
Höchstwahrscheinlich habe die Jagd eine große Rolle gespielt, vermutet die Expertin - und bringt dabei die Hundenase ins Spiel. »Wo der Hund natürlich eindeutig überlegen ist, ist der Geruchssinn.« Während der Mensch Gerüche nicht besonders gut bewusst verarbeiten könne, sei bei Hunden etwa ein Fünftel des Gehirns allein für den Geruchssinn verantwortlich. »Wenn er eine Spur verfolgt, hat er ein genaues Bild im Kopf, was am Ende der Spur sein muss.« Bei Tests, bei denen eine Fährte ausgelegt wurde, am Ziel aber etwas anderes war, suchten die Vierbeiner der Forscherin zufolge weiter.
Der Geruchssinn und ein Gefühl für Zeit
Dem britischen Wissenschaftsjournalisten Ed Yong zufolge haben Hunde durch ihre feine Nase sogar ein anderes Gefühl für Zeit: Während der Mensch hauptsächlich über Augen und Ohren seine Umwelt durch Licht- und Schallgeschwindigkeit quasi in Echtzeit wahrnehme, könnten Hunde über ihren Geruchssinn auch die unmittelbare Vergangenheit und Zukunft lesen.
Denn nachdem ein Lebewesen einen Ort bereits verlassen hat, können seine Moleküle noch lange zurückbleiben. Oder sogar vorauswehen. So könnten Hunde beispielsweise die Ankunft ihres Besitzers vorherahnen. Oder auch einschätzen, wie lange er schon weg ist - je nachdem, wie intensiv sie ihn noch riechen.
Der Mensch hat sich die phänomenale Hunde-Spürnase für die Jagd schon früh zunutze gemacht: Hunde und ihre wölfischen Vorfahren zeigten den Weg zu Beute, so die gängige Annahme. Und bis heute profitieren wir vom Geruchssinn der Vierbeiner. Zum Beispiel bei der Polizei, wo Spürhunde bei der Suche nach Menschen, Drogen, Sprengstoff, Bargeld oder Datenträgern helfen. Selbst in der Medizin kommen mitunter Hunde zum Einsatz, da sie Krankheiten erschnüffeln können. In der Corona-Pandemie zeigte sich, dass Hunde Corona-Infizierte erschnüffeln können.
Mensch und Hund als Sozialpartner
Doch natürlich ist es mehr als die Spürnase, die Zwei- und Vierbeiner bis heute aneinander bindet. Nicht nur der Mensch habe den Hund, sondern der Hund auch den Menschen als eine Art Sozialpartner ausgewählt, sagt Bräuer vom Max-Planck-Institut. Mit keinem anderen Tier gebe es eine so innige Beziehung.
Nach Bräuers Erkenntnis sind dafür mehrere Faktoren entscheidend: Es müsse ein soziales Tier sein. »Da sind Katzen zum Beispiel schon mal raus«, sagt die Forscherin. Zudem müsse sich das Tier unterordnen und nicht gefährlich sein, was - in den meisten Fällen - auf Hunde zutreffe. »Offensichtlich passen wir auch von der Sozialstruktur her zusammen.«
Hunde stünden Menschen grundsätzlich sehr positiv gegenüber. Sie hätten Spaß an gemeinsamer Arbeit und gemeinsamem Spiel, nicht nur bei Leckerlis als Gegenleistung. »Ich glaube, das unterscheidet sie von anderen Haustieren.« Mit Ziegen beispielsweise lebe der Mensch auch schon seit langer Zeit zusammen, »trotzdem würde uns eine Ziege nicht als Sozialpartner auswählen«.
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