Logo
Aktuell Wissenschaft

Fossil 47 Millionen Jahre alter Schlange belegt Lebendgeburt

Für gewöhnlich legen Schlangen Eier. Doch bereits in der Zeit des Eozän gab es schon einige Arten, die ihre Jungen lebend zur Welt brachten. Forscher finden in Hessen einen bislang einzigartigen Beweis.

Die Messelboa Messelophis variatus
Die Messelboa Messelophis variatus ist der weltweit erste fossile Beleg für lebendgebärdende Schlangen. Foto: Senckenberg
Die Messelboa Messelophis variatus ist der weltweit erste fossile Beleg für lebendgebärdende Schlangen.
Foto: Senckenberg

Den weltweit ersten bekannten fossilen Beleg für eine Lebendgeburt bei Schlangen hat ein Forschungsteam aus Deutschland und Argentinien nach eigenen Angaben erbracht. »Der Fund zeigt, dass es schon vor mindestens 47 Millionen Jahren lebendgebärende Schlangen gab«, teilte die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung am Montag in Frankfurt mit.

Das Fossil stamme aus der südhessischen Grube Messel. In der im Fachjournal »The Science of Nature« erschienenen Studie beschreiben die Forschenden Knochen von Schlangenembryonen, die im Körper des Muttertiers entdeckt wurden.

Die meisten heute lebenden Reptilien legen Eier. Doch es gebe auch Ausnahmen, so die Wissenschaftler. So seien mehrere Eidechsen- und Schlangen-Arten dafür bekannt, ihren Nachwuchs lebend auf die Welt zu bringen. »Uns ist es nun gelungen, das weltweit erste Fossil einer lebendgebärdenden Schlange zu beschreiben«, sagte Krister Smith vom Senckenberg Forschungsinstitut. Das Fossil mit dem Namen Messelophis variatus sei etwa 50 Zentimeter lang. Laut den Angaben stammt es aus der Zeit des Eozäns und ist mit heutigen Zwergboas in Mittelamerika verwandt.

Eindeutig Embryonen

Die Art gehöre zu den häufigsten aus der Grube Messel bekannten Schlangen, dennoch habe das etwa 47 Millionen Jahre alte Exemplar überrascht, hieß es. Konkret handle es sich um ein trächtiges Weibchen mit mindestens zwei Embryonen im hinteren Drittel der Rumpfregion, erklärte Mariana Chuliver von der Fundación de Historia Natural in Buenos Aires.

»Diese Knochen liegen ein gutes Stück hinter dem Magen – würde es sich dabei um Beutetiere der Schlange handeln, wären diese so weit hinten im Darm bereits zersetzt und nicht mehr zu erkennen. Es muss sich also um Embryonen der Boa handeln«, ergänzte Wissenschaftler Agustín Scanferla. Und: »Die Tatsache, dass die Knochen von sehr jungen – aber dennoch weiter als in einem ungelegten Ei entwickelten – Schlangen stammen, unterstreicht, dass es sich um ein trächtiges, lebendgebärendes Weibchen handelt.«

Bei der Lebendgeburt bleiben die Jungen im Körper des Muttertiers, bis sie lebensfähig sind. Dies werde als eine gute evolutionäre Strategie für Reptilien in kalten Klimazonen angesehen, da die Temperatur im Körper des Weibchens stabiler und damit sicherer für deren Nachwuchs sei, heißt es bei der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung. So hätten sich viele heutige lebendgebärende Eidechsen und Schlangen in eher kühleren Gebieten entwickelt.

Allerdings war es zur Zeit des Eozäns deutlich wärmer. Den Forschern zufolge lagen die Durchschnittstemperaturen rund um Messel damals bei etwa 20 Grad. »Warum die Boas vor 47 Millionen Jahren dennoch ihren Nachwuchs lebend zur Welt brachten, ist noch ungeklärt«, sagte Smith. »Vielleicht werden uns weitere Fossilien aus dieser einzigartigen Fundstelle helfen, dieses Rätsel zu lösen.«

Pressemitteilung

© dpa-infocom, dpa:221114-99-513574/2