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Wirecard-Prozess kreist um das Phantom Marsalek

Drei Manager sitzen im Münchner Wirecard-Prozess um den Milliardenskandal bei dem 2020 kollabierten Konzern auf der Anklagebank. Die Schlüsselfigur Jan Marsalek fehlt - und ist im Gerichtssaal dennoch allgegenwärtig.

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Im Wirecard-Prozess geht es um einen der größten Betrugsfälle der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Foto: Sven Hoppe/DPA
Im Wirecard-Prozess geht es um einen der größten Betrugsfälle der deutschen Wirtschaftsgeschichte.
Foto: Sven Hoppe/DPA

Im Wirecard-Skandal sollen die mutmaßlichen Betrüger um den Hauptverdächtigen Jan Marsalek ihre Geschäfte sogar vor dem übrigen Vorstand abgeschottet haben. Das sagte die frühere Produktvorständin Susanne Steidl am Mittwoch als Zeugin im Münchner Wirecard-Prozess aus. »Ich habe keine Passwörter gehabt«, sagte die 52 Jahre alte österreichische Managerin.

Der seit Sommer 2020 abgetauchte Marsalek verantwortete als Vertriebsvorstand das Geschäft mit sogenannten Drittpartnerfirmen - externen Zahlungsdienstleistern, die im Wirecard-Auftrag Kreditkartenzahlungen überwiegend in Asien abwickelten oder abgewickelt haben sollen. Im Sommer 2020 war der einstige Dax-Konzern zusammengebrochen, weil 1,9 Milliarden Euro angeblicher Erlöse aus diesem Drittpartnergeschäft nicht auffindbar waren.

Laut Staatsanwaltschaft war das Drittpartnergeschäft erfunden. Im größten Betrugsfall der deutschen Nachkriegsgeschichte sind Ex-Vorstandschef Markus Braun und zwei weitere frühere Wirecard-Manager wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs angeklagt, die Schlüsselfigur Marsalek jedoch fehlt. Laut Anklage sollen die Täter seit 2015 die Wirecard-Bilanzen gefälscht und kreditgebende Banken um 3,1 Milliarden Euro geprellt haben.

Nach Aussage des seit drei Jahren in Untersuchungshaft sitzenden Braun war das Geschäft echt, doch sollen Marsalek und Komplizen an die zwei Milliarden Euro veruntreut haben. »Auf den Wirecard-Servern war das nicht«, sagte Steidl zu Marsaleks Drittpartnergeschäft. »Ich hatte keine Vorstellung, wo das war.«

Zuletzt hatte Brauns Verteidiger Alfred Dierlamm Brauns einstigen Schützling Marsalek als Drahtzieher des Betrugs angeprangert, ohne Wissen des früheren Vorstandschefs. Marsalek soll sich nach verschiedenen Berichten in Russland vor der deutschen Justiz in Sicherheit gebracht haben.

In einem Brief hat sich die von vielen Zeugen als charismatisch und charmant beschriebene Schlüsselfigur des Milliardenskandals über einen Anwalt erstmals seit Beginn des Prozesses an das Landgericht München I gewandt. Zum Inhalt des Briefs äußern sich Gericht und Münchner Staatsanwaltschaft nicht. Laut »Wirtschaftswoche«, die zuerst über den Brief berichtet hatte, äußert sich Marsaleks Verteidiger darin nicht zu den konkreten Vorwürfen.

© dpa-infocom, dpa:230719-99-455713/3