FRANKFURT/MAIN. »Es geht nicht um Geld an sich, es geht um schnelles Geld«, fasst der Pfandleiher Bernd Wolf die Vorteile seines Kreditangebotes zusammen. Seit mehr als 15 Jahren betreibt der gelernte Diplom-Wirtschaftsingenieur neben einem Gebrauchtwagenhandel auch einen Kfz-Pfandleihbetrieb in Offenbach.
Von außen deutet nichts darauf hin, dass hier innerhalb weniger Minuten vorübergehend Autos gegen Geld getauscht werden können. Auch der Internetauftritt ist zurückhaltend.
Denn wer kurzfristig Bargeld braucht, aber keinen Kredit bei einer Bank aufnehmen will, kann Wertvolles ins Leihhaus bringen. Das Versprechen: ein schneller und unbürokratischer Kredit. Im Gegensatz zu herkömmlichen Banken gibt es bei Wolf und seinen Kollegen keine Bonitätsprüfung und keine Fragen.
In konventionellen Pfandleihhäusern werde vor allem Goldschmuck versetzt, erklärt Wolfgang Schedl, Geschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Pfandkreditgewerbes. Derzeit komme den Kunden der gestiegene Goldpreis zugute. Pfandleihhäuser böten etwas Einzigartiges, findet Schedl: »Sie müssen das Geld nicht zurückzahlen. Sie haften im Extremfall lediglich mit ihrem Pfand.«
1950 gegründet, ist der Zentralverband mit Sitz in Stuttgart der Branchenverband der privaten Pfandkreditbetriebe in Deutschland. Er vertritt etwa 150 Unternehmen, die mehr als 250 Filialen betreiben. Grundlage des Geschäftsmodells ist die Pfandleihverordnung von 1961. Sie gibt vor, dass die Rückzahlung des Kredits frühestens nach drei Monaten und vier Wochen Karenzzeit fällig werden darf. Der Zinssatz ist gesetzlich auf einen Prozent pro Monat festgelegt. Hinzu kommen Gebühren für die Schätzung der Wertgegenstände, deren Aufbewahrung und Versicherung.
Mittlerweile werden nicht nur kleinere Wertgegenstände für einen kurzzeitigen Kredit versetzt, sondern auch Autos und Motorräder. Elektronik ist weniger gefragt, weil deren Wert schnell verfällt. Bernd Wolf hat sich auf das Pfandleihgeschäft mit Fahrzeugen spezialisiert. Vor allem Selbstständige aus dem Bau- und Handwerksgewerbe kämen zu ihm, um kurzfristige Zahlungsausfälle auszugleichen oder Investitionen zu tätigen, berichtet er. »In diesen Branchen kommt es oft vor, dass Kunden und Auftraggeber zu spät oder gar nicht zahlen«, erklärt Wolf.
Die in weiten Teilen medienscheue Branche kämpft noch immer gegen ein negatives Image. Bei vielen Menschen gebe es eine große Hemmschwelle, ins Pfandleihhaus zu gehen, sagt Wolf. Ein guter Pfandleiher brauche absolute Ruhe, Diskretion und Seriosität. »Er muss Vertrauen ausstrahlen und dem Kunden die Angst nehmen vor der Hürde Pfandleihhaus.« Er erlebe immer wieder, dass Kunden ihm ihre Probleme erklären möchten, er wolle das aber nicht. »Nicht, weil wir kein Interesse haben, sondern weil es uns einfach nichts angeht«, sagt Wolf. Allein das Pfandgut entscheide.
Verbraucherschützer halten den negativen Eindruck nicht für gerechtfertigt. Es lägen derzeit keine derartigen Rückmeldungen oder Beschwerden vor, erklärt die Verbraucherzentrale Sachsen: »Natürlich kann es, wie in jedem Bereich, schwarze Schafe geben. Hierzu sind uns jedoch keine Beispiele oder Fallzahlen bekannt.« Die Verbraucherschützer weisen auf die relativ hohen Zinsen und die zusätzlichen Gebühren hin. Sie raten, sich einen Marktüberblick zu verschaffen und verschiedene Angebote einzuholen.
Die bankähnlichen Pfandleihhäuser gelten als systemrelevant und durften auch während der Corona-Krise öffnen. Doch anders als man vermuten könnte, wurde während der ersten Monate der Pandemie nicht mehr verpfändet als davor. Im Gegenteil: »Es fand kein Konsum statt, also sagten sich die Leute «Ich löse mein Pfand wieder aus»«, schildert Verbandsvertreter Schedl. Die Folge: erhöhte Auslösungs- und rückläufige Verpfändungszahlen.
Nachdem die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie schrittweise zurückgefahren wurden, habe sich dieser Trend umgekehrt, schildert Schedl. »Wir erleben seit geraumer Zeit wieder einen leichten Anstieg bei den Verpfändungen, weil sich eben jetzt schon die Auswirkungen wie Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit bemerkbar machen.« Der Konsum steige wieder an, die Zahl der Verpfändungen ebenfalls.
Das Kfz-Pfandhaus Wolf hat bisher wenig von der Corona-Krise gemerkt. »Wir haben eine andere Kundenstruktur als die konventionellen Pfandhäuser. Viele Selbstständige haben Soforthilfen bekommen, und im Baubereich wurde während Corona durchgearbeitet«, sagt Inhaber Wolf. »Ich vermute aber, dass Ende des Jahres noch was kommt.«
Dem Branchenverband zufolge werden fast 95 Prozent der Pfandgegenstände wieder ausgelöst, berichtet Schedl: »Das ist auch gut für die Pfandleiher, denn die haben nichts davon, wenn der Kunde nicht in der Lage ist, sein Pfand wieder abzuholen.« Was nicht abgeholt wird, muss öffentlich versteigert werden - wird ein Betrag oberhalb der Darlehenssumme erzielt, steht dieser Gewinn dem Kunden zu. (dpa)