Weil viele Post-Beschäftigte ihre Arbeit niedergelegt haben, ist Firmenangaben zufolge jedes fünfte Paket und jeder elfte Brief liegengeblieben. Rund 13.500 Beschäftigte hätten an den Warnstreiks in verschiedenen Regionen Deutschlands teilgenommen, sagte ein Post-Sprecher am Samstag in Bonn. Das sei etwas mehr als ein Drittel der Belegschaft in den betroffenen Standorten. Die Ausfallquote von 20 Prozent bei Paketen und 9 Prozent bei Briefen bezieht sich auf das tägliche Volumen in ganz Deutschland. Allerdings wurde nicht überall gestreikt. In Regionen, wo es Arbeitsausstände gab, war die Ausfallquote höher als im Bundesschnitt.
Gewerkschafter zeigten sich zufrieden mit den Arbeitsniederlegungen. »Es läuft gut«, sagte der für Postdienste zuständige Verdi-Landesfachbereichsleiter in NRW, Thomas Großstück. Eine Sprecherin des Verdi-Bundesverbandes sprach von einer ausgesprochen hohen Beteiligung.
Der Post-Sprecher sagte, dass die Warnstreik-Beteiligung in den einzelnen Regionen und Standorten unterschiedlich hoch ausfalle, wodurch sie sich auch unterschiedlich auswirke. Verzögerungen bei der Abholung und Auslieferung von Briefen und Paketen könnten dazu führen, dass die Sendungen »erst einige Tage später, das heißt je nach Ende der Streikaktivitäten vor Ort erst in der kommenden Woche ausgeliefert werden können«.
Gewerkschaft fordert 15 Prozent mehr Lohn
Bestreikt wurde zum Beispiel die Zustellung im Raum Bonn, in Bochum und im Münsterland - dort blieben viele Briefe und Pakete liegen und wurden nicht ausgetragen. Auch Mannheim, Stuttgart und Freiburg waren betroffen.
Die Gewerkschaft fordert 15 Prozent mehr Lohn und Gehalt für die rund 160.000 Tarifbeschäftigten im Bereich Post & Paket Deutschland. Begründet wird die Forderung unter anderem mit der Inflation. 140.000 Postler bekommen der Gewerkschaft zufolge ein Monatsentgelt, das bei 2108 bis 3090 Euro brutto liegt. Diese Tarifbeschäftigten seien im besonderen Maße von der hohen Inflation betroffen, da sie einen großen Anteil ihres Nettoeinkommens für Nahrungsmittel und Energie aufbringen müssen, argumentiert die Gewerkschaft.
Die letzte Tariferhöhung im Januar 2022 habe nur zwei Prozent betragen, heißt es von der Gewerkschaft mit Verweis auf die aktuell hohe Inflation. Die Tarifforderungen seien »notwendig, gerecht und machbar«, sagt Verdi-Verhandlungsführerin Andrea Kocsis.
Das Management hält die Forderung der Gewerkschaft hingegen für überzogen und nicht darstellbar. Die Firmenspitze gibt zu bedenken, dass der Konzern finanziellen Spielraum für Investitionen brauche, um auch langfristig wettbewerbsfähig zu sein und Arbeitsplätze zu sichern. Außerdem verweist die Post darauf, dass der Konzerngewinn »zum übergroßen Teil mittlerweile im internationalen Geschäft erwirtschaftet« werde.
Verdi: Arbeitsbelastung der Postler hoch
Tatsächlich wurde im vergangenen Jahr nur etwa ein Sechstel des Betriebsgewinns (Ebit) der Deutschen Post DHL mit Briefen und Paketen in Deutschland erzielt, beim Personal liegt dieser Anteil hingegen bei circa einem Drittel. Deutlich profitabler als das Stammgeschäft sind für die Post längst die weltweiten Express- und Frachtgeschäfte.
Gewerkschafter pochen dennoch auf eine kräftige Entgelterhöhung für die Belegschaft im deutschen Stammgeschäft, also der Brief- und Paketbeförderung. Die Arbeitsbelastung der Postler sei hoch, betont Andreas Henze von Verdi Baden-Württemberg. In der Zustellung und in den Verteilzentren gingen Beschäftigte »auf dem Zahnfleisch«. »Sie müssen für die Konzerngewinne immer schneller und schwerer arbeiten«, sagt der Landesfachbereichsleiter Postdienste. »Ihr Knochenjob muss endlich finanziell wertgeschätzt werden.«
Bereits in der vergangenen Woche hatte es Arbeitsniederlegungen bei der Post gegeben, die zweite Warnstreik-Welle begann am Donnerstag. Am 8. Februar sollen die Tarifverhandlungen weitergehen. Dann will die Post ein eigenes Angebot vorlegen. »Trotz der unterschiedlichen Positionen gehen wir davon aus, dass wir in fairen und zügigen Gesprächen in der nächsten Verhandlungsrunde [...] vorankommen werden«, sagt der Post-Sprecher. (dpa)