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US-Notenbank schließt weiteren Zinssprung 2023 nicht aus

Die aktuellen Daten zur Inflation geben der Fed beim Leitzins Spielraum, weitere Entwicklungen abzuwarten. Doch im Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise will die US-Notenbank noch nicht den Sieg erklären.

Jerome Powell
Jerome Powell, Vorsitzender der US-Notenbank (Federal Reserve). Foto: Jacquelyn Martin/DPA
Jerome Powell, Vorsitzender der US-Notenbank (Federal Reserve).
Foto: Jacquelyn Martin/DPA

Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hält sich im Kampf gegen hohe Verbraucherpreise eine weitere Zinserhöhung in diesem Jahr offen. Darauf deuten neue, gestern veröffentlichte Prognosen der Zentralbank der größten Volkswirtschaft der Welt hin. Auch die Zinsen im kommenden Jahr könnten höher als zuvor erwartet sein.

Bei seiner aktuellen Sitzung entschied der Zentralbankrat, den Leitzins in der Spanne von 5,25 bis 5,5 Prozent zu belassen. Es ist das höchste Niveau seit mehr als 20 Jahren. Fed-Chef Jerome Powell wollte einen weiteren Zinssprung jedoch nicht ausschließen. Man habe sich bisher noch nicht entschieden, ob das aktuelle Zinsniveau ausreichend sei.

»Wir haben Fortschritte gesehen«

Der Fed-Chef betonte bei der Pressekonferenz nach der Sitzung, dass die Daten der kommenden Monate das Vorgehen der Notenbank bestimmen würden. Die Fed rechnet in ihrer aktuellen Prognose zum Jahresende im Mittel mit einem Leitzins von 5,6 Prozent. Für 2024 werden im Mittel 5,1 Prozent erwartet - in Juni waren es noch 4,6 Prozent. »Wir haben Fortschritte gesehen, und wir begrüßen das«, sagte Powell mit Blick auf die Inflation. Man müsse nun aber abwarten, wie sich die Lage entwickle, mahnte er. Diane Swonk, Chefökonomin der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, urteilte der »Washington Post« zufolge: »Sie wollen den Sieg nicht zu früh verkünden, auch wenn sie große Fortschritte gemacht haben.«

Die Inflation im Zaum zu halten, ist klassische Aufgabe der Notenbanken. Die Fed strebt mittelfristig eine Preisstabilität bei einer Inflationsrate von zwei Prozent an. Die Fed hatte den Leitzins im Kampf gegen die hohe Inflation seit März 2022 elf Mal angehoben - zuletzt im Juli um 0,25 Prozentpunkte. Der Zyklus gilt als eine der schnellsten und schärfsten Straffungsperioden in der Geschichte der Fed. Einzig im Juni hatten die Währungshüter nach zehn Anhebungen in Folge eine Pause eingelegt. Mit der erneuten Zinspause hatten Analysten gerechnet. »Wir haben viel erreicht, und die Auswirkungen unserer Straffung sind noch nicht in vollem Umfang zu spüren«, sagte Powell.

»Prognosen sind sehr schwierig«

Die Teuerungsrate war im vergangenen Jahr auf gut neun Prozent gestiegen - und dann langsam gefallen. Im August waren die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat der US-Regierung zufolge um 3,7 Prozent gestiegen. Die Fed rechnet nun für dieses Jahr mit einer Inflationsrate von im Schnitt 3,3 Prozent - eine leichte Korrektur nach oben um 0,1 Prozentpunkte. Für das kommende Jahr prognostiziert die Fed 2,5 Prozent. Damit geht die Inflation nach dem rasanten Anstieg nun stetig zurück. Powell mahnte jedoch an: »Prognosen sind sehr unsicher. Prognosen sind sehr schwierig.«

Die Fed dreht im Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise an der Zinsschraube, um die Nachfrage auszubremsen. Steigen die Zinsen, müssen Privatleute und Wirtschaft mehr für Kredite ausgeben - oder leihen sich weniger Geld. Das Wachstum nimmt ab, Unternehmen können höhere Preise nicht unbegrenzt weitergeben - und idealerweise sinkt die Inflationsrate. Gleichzeitig besteht aber die Gefahr, die Wirtschaft abzuwürgen. Die richtige Balance zu finden, ist die große Herausforderung für Zentralbanker.

Die neue Wirtschaftsprognose der Fed zeichnet allerdings ein recht positives Bild von der US-Wirtschaft. Die Fed sagt für dieses Jahr ein deutlich höheres Wirtschaftswachstum voraus als noch vor drei Monaten angenommen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der weltgrößten Volkswirtschaft wird demnach 2023 um 2,1 Prozent wachsen. Das wären 1,1 Prozentpunkte mehr als noch im Juni prognostiziert. Im kommenden Jahr soll die Wirtschaft dann aber wieder etwas langsamer wachsen - die Notenbanker sagen ein Wachstum um 1,5 Prozent voraus.

© dpa-infocom, dpa:230920-99-272015/4