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Unternehmen winkt neue Klimaschutz-Milliardenförderung

Neue Technologien sollen helfen bei klimafreundlicheren Produktionsweisen. Doch die nötigen Investitionen können teuer und riskant sein für Unternehmen. Minister Habeck will, dass der Staat in die Bresche springt.

Robert Habeck
Wirtschaftsminister Robert Habeck erläutert die Förderprogramme für Klimaschutzverträge. Foto: Michael Kappeler
Wirtschaftsminister Robert Habeck erläutert die Förderprogramme für Klimaschutzverträge.
Foto: Michael Kappeler

Unternehmen aus besonders energiehungrigen Branchen können auf zusätzliche staatliche Förderung für die Umstellung auf klimafreundliche Produktionsmethoden hoffen. Noch in diesem Jahr könnten sich Unternehmen in einer Auktion Angebote zur Teilnahme an so genannten Klimaschutzverträgen abgeben, sagte Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) am Montag in Berlin. Der Grünen-Politiker nannte die Pläne ein »industriepolitisches Ausrufezeichen«.

Klimaschutzverträge sollen neuen und aus Sicht des Klimaschutzes wünschenswerten Technologien den nötigen Schub verleihen, damit sie sich am Markt durchsetzen. Dabei soll der Staat dem Unternehmen eine Ausgleichszahlung garantieren, die es für die höheren Kosten der klimafreundlichen Produktion entschädigt. Außerdem soll das Unternehmen für eine Dauer von fünfzehn Jahren gegen Unsicherheiten etwa bei der Preisentwicklung von Wasserstoff abgesichert werden. Sobald sich neue Verfahren rechnen, soll Geld zurück an den Staat fließen.

Adressaten sind energieintensive Industriebranchen, wie zum Beispiel die Stahl-, Zement-, Papier- oder Glasindustrie. Klimaschutzverträge werden auch im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP als mögliches Instrument genannt.

Die EU-Kommission muss die Pläne noch absegnen

Interessenten an der staatlichen Förderung haben ab diesem Dienstag zwei Monate Zeit, sich am vorbereitenden Verfahren zu beteiligen. Das sei Voraussetzung für die Teilnahme am ersten Bieterverfahren, so das Ministerium.

Eingeplant ist zunächst ein mittlerer zweistelliger Milliardenbetrag, wie Habeck sagte. »Günstigstes Gebot zuerst, bis das Geld alle ist«, beschrieb er das spätere Bieterverfahren. Es gehe dabei um die »für den Steuerzahler günstigsten Gebote«. Von der Entwicklung neuer, klimafreundlicherer Produktionstechniken profitierten am Ende alle.

Es gibt aber zwei wichtige Vorbehalte: Einerseits muss die EU-Kommission die Pläne absegnen, weil bei staatlicher Förderung der Industrie immer die Frage möglicher Wettbewerbsverzerrungen in Europa im Raum steht. Dazu sagte Habeck, es gebe eine grundsätzliche Zustimmung der Brüsseler Behörde, weitere offene Fragen müssen im Verlauf geklärt werden. Und zweitens muss das Geld im Bundeshaushalt bereitgestellt werden, der noch nicht steht. Die Förderrichtlinie, die an diesem Dienstag veröffentlicht werden soll, ist laut Ministerium innerhalb der Bundesregierung abgestimmt.

Die Pläne zielen primär auf den Mittelstand

Noch im Februar hatten Berater Habecks vor Risiken bei Klimaschutzverträgen gewarnt. Der unabhängige Wissenschaftliche Beirat des Ministeriums hatte erklärt, das Instrument könne hilfreich sein beim Einstieg in eine neue Technologie, stelle aber auch »einen tiefen Eingriff des Staates in die Produktionsentscheidungen der Unternehmen dar«. Es drohten Wettbewerbsverzerrungen und für den Staat hohe Kosten. Die Berater hatten stattdessen für »grüne Leitmärkte« plädiert, also staatlich geschaffene oder geförderte Märkte für klimafreundlich produzierte Grundstoffe wie »grünen Stahl«.

Habeck sagte, in Reaktion auf die Kritik habe sein Haus die Pläne »mittelstandsfreundlicher« gemacht. Profitieren könnten Anlagen ab einem jährlichen Ausstoß von zehn Kilotonnen Kohlendioxid. »Es geht nicht nur um die ganz großen industriellen Schwergewichte Deutschlands, sondern möglichst breite Teilnahme auch in den deutschen Mittelstand hinein.« Voraussetzung für die Förderung sei, dass nur Strom zur Industrieproduktion genutzt wird, zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien erzeugt wurde, Wasserstoff muss EU-Kriterien erfüllen.

Während der Laufzeit des Vertrags gelten bestimmte Vorgaben. So müssen die Treibhausgase aus einer Anlage ab dem dritten Jahr mindestens 60 Prozent unter dem Wert vor dem Start des Klimaschutzvertrags liegen. Während der gesamten Laufzeit muss eine Minderung um 90 Prozent technisch möglich sein und im letzten Jahr auch erreicht werden, also spätestens nach fünfzehn Jahren.

© dpa-infocom, dpa:230605-99-944794/4