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Studie: Bundesbürger urlauben häufiger und teurer

Reise-Boom in Zeiten des Greta-Hypes: Die Deutschen machten 2019 häufiger und teurer Urlaub als im Jahr davor. Die Klimadebatte ist für die meisten offenbar kein Grund für einen Reiseverzicht.

Urlaubsreisen stehen hoch im Kurs
Von der Klimadebatte haben sich die Menschen in Deutschland nicht vom Urlaub abhalten lassen. Foto: Armin Weigel/dpa
Von der Klimadebatte haben sich die Menschen in Deutschland nicht vom Urlaub abhalten lassen. Foto: Armin Weigel/dpa

Stuttgart (dpa) - Ungeachtet der aufgeladenen Klimadebatte ist die Reiselust der Bundesbürger ungebrochen. Im abgelaufenen Jahr urlaubten die Deutschen einer neuen Studie zufolge häufiger und teurer als noch 2018.

Nach Berechnungen der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) stieg die Zahl der Urlaubstrips mit einer Dauer von mindestens fünf Tagen im Vorjahresvergleich leicht auf geschätzt 71 Millionen, auch die Gesamtausgaben für die Touren der Bundesbürger legten um drei Prozent auf rund 73 Milliarden Euro zu.

Gut drei Viertel der Bundesbürger hätten 2019 mindestens einen Urlaub gemacht, sagte Studienautor Martin Lohmann am Freitag in Stuttgart kurz vor Beginn der Reisemesse CMT, die am Samstag für Besucher öffnet und bis zum 19. Januar dauert. Das entspreche einer konstanten Entwicklung im Vergleich zu den Vorjahren. Abseits dieser längeren Urlaubstrips habe es im vergangenen Jahr auch noch etwa 92 Millionen Kurzurlaubsreisen mit einer Dauer von zwei bis vier Tagen gegeben, dafür seien rund 25 Milliarden Euro investiert worden.

Zudem sei der Tourismus auch in Deutschland selbst gewachsen. 2019 habe es hierzulande rund 495 Millionen Gästeübernachtungen in Hotels und anderen gewerblichen Unterkünften gegeben. Das entspreche einem neuen Rekord und einer Steigerung um 3,6 Prozent im Vergleich zu 2018. Überwiegend habe es sich dabei um deutsche Urlauber gehandelt.

Üppigste Wachstumszahlen verzeichnet weiter die Kreuzfahrtbranche, die unter anderem wegen des massiven Einsatzes von Schweröl und entsprechend hoher Emissionswerte als besonders umweltschädlich gilt. Die Bundesbürger hätten im abgelaufenen Jahr rund neun Prozent mehr Kreuzfahrten gebucht als noch 2018, sagte Tourismusexperte Lohmann, der das Kieler Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa leitet und seit Jahren Reiseanalysen veröffentlicht.

Eine solche Steigerungsrate sei nur möglich, weil Kreuzfahrten gemessen an den Gesamtreisen weiter eine Randerscheinung seien. Nur bei etwa 2,5 Prozent der 71 Millionen Urlaubstrips handle es sich um Kreuzfahrten, sagte Lohmann. Dennoch zeige das Wachstum dieser arg gescholtenen Branche, dass die Mehrzahl der Menschen das Thema Nachhaltigkeit bei ihren Buchungsentscheidungen außen vor lasse.

Auch die Luftfahrt wächst weiter. Die deutschen Flughäfen hätten 2019 ihre Passagierzahlen um rund zwei Prozent gesteigert, sagte Lohmann. Fliegen ist die klimaschädlichste Art zu reisen -vor allem Inlandsflüge werden von Aktivisten als Klimasünde bezeichnet. Die Klimabewegung Fridays for Future erregt jede Menge Aufmerksamkeit und erhöht so den Druck auf die gesamte Branche. Auswirkungen auf das Reiseverhalten der Verbraucher scheint das aber nicht zu haben.

»Wir sehen nicht nur im Tourismus Unterschiede zwischen der Einstellung der Menschen und ihrem Verhalten - oft tun Leute etwas, was sie eigentlich nicht als richtig und gut empfinden«, sagte Lohmann. »Es werden ja auch wie verrückt zu große, zu breite und zu schwere Autos gekauft.« Der Experte betonte: »Die Mehrheit der Touristen macht eine Urlaubsreise nicht deswegen, um die Natur zu schützen oder ihre Fürsorge für Arbeitskräfte im Tourismus wirksam werden zu lassen. Die Leute reisen, um schöne Ferien zu machen.«

Diese Widersprüchlichkeit belegt auch eine Umfrage in Lohmanns Arbeit. Zwar äußerten 38 Prozent der Menschen, sie hätten eine positive Einstellung zu ökologisch und sozial verträglichen Urlaubsreisen. Doch konkret gefragt nach einer zu buchenden Reise sagten 73 Prozent, das Thema Nachhaltigkeit spiele für sie dabei keine Rolle. Nur vier Prozent äußerten hier, die Nachhaltigkeit habe den Ausschlag bei der Buchungsentscheidung gegeben. Für 23 Prozent der Befragten ist die Nachhaltigkeit dieser Erhebung zufolge bei der Entscheidungsfindung zumindest ein Aspekt unter mehreren.

Das Top-Reiseziel der Bundesbürger werde auch 2020 Deutschland bleiben, sagte Lohmann. Man erwarte, dass rund 30 Prozent der Urlauber innerhalb der Bundesrepublik verreisten. Dahinter blieben Spanien, Italien, Türkei und Österreich die weiteren Top-Ziele. Auffällig: Immerhin 42 Prozent der Befragten gaben in einer Umfrage an, sie wollten 2020 ein neues Urlaubsziel ausprobieren. Lohmann analysierte, das ansonsten konstante Reiseverhalten der Deutschen könne nicht über die Neigung zu Abwechslung im Urlaub hinwegtäuschen.

Infos zur CMT

Infos zur Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen