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Sewing: Entschlossen Handeln gegen Inflation

Hohe Teuerungsraten belasten Verbraucher und Unternehmen. Der Druck auf die Euro-Währungshüter nimmt zu. Die Bankenbranche sieht sich gut vorbereitet für weitere schwierige Monate.

Frankfurt
Die Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB) im Abendlicht. Foto: Boris Roessler
Die Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB) im Abendlicht.
Foto: Boris Roessler

Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing fordert angesichts der extrem hohen Inflation ein entschlossenes Gegensteuern der Geldpolitik. Er gehe zwar davon aus, dass die deutsche Wirtschaft genug Widerstandskraft besitze, um die zu erwartende Rezession gut zu bewältigen, sagte Sewing am Mittwoch zum Auftakt der »Handelsblatt«-Bankentagung in Frankfurt. »Aber das bedingt, dass die Zentralbanken jetzt schnell und entschlossen handeln.« Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) kommt an diesem Donnerstag (8.9.) zu seiner nächsten regulären Sitzung zusammen. Der Druck auf die Notenbank ist groß, die Zinsen im Euroraum deutlich zu erhöhen.

In Europas größter Volkswirtschaft Deutschland ist die jährliche Teuerungsrate im August wieder auf 7,9 Prozent gesprungen. Die Inflation im Euroraum kletterte im August, getrieben von steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen, auf die Rekordhöhe von 9,1 Prozent. Ökonomen rechnen mit einem weiteren Anstieg in den nächsten Monaten.

Die EZB strebt für den gemeinsamen Währungsraum mittelfristig ein stabiles Preisniveau bei einer Jahresteuerung von zwei Prozent an. Sewing erwartet keinen schnellen Rückgang der Teuerung: »Wir müssen uns dauerhaft auf höhere Inflation einstellen.« Dem Inflationsziel von zwei Prozent werde man wohl »erst im zweiten Halbjahr 2024 nahekommen, davor ist das nicht erreichbar«, sagte Sewing.

Warnung vor sozialen Verwerfungen

»Noch können viele Menschen auf ihr Erspartes zurückgreifen, um mit höheren Preisen fertig zu werden - und noch sind viele Unternehmen ausreichend finanziert. Aber je länger die Inflation hoch bleibt, desto größer werden die Schmerzen und der soziale Zündstoff«, warnte Sewing.

Die Finanzbranche in Deutschland sieht Sewing, der auch Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) ist, gut vorbereitet: »Wir stehen heute viel stabiler und widerstandsfähiger da als noch vor zehn Jahren.« Die Branche habe auch im schwierigen ersten Halbjahr 2022 kaum Gewinn eingebüßt und ihre Erträge gesteigert. »Wir werden sicherlich eine höhere Insolvenzzahl sehen, wir werden auch sicherlich dieses Jahr höhere Kreditausfälle sehen. Aber alles in einem Rahmen, was meines Erachtens gut verkraftbar ist.« Die Branche habe gut vorgesorgt, sagte Sewing.

Der Präsident der Finanzaufsicht Bafin, Mark Branson, bilanzierte: »Im Moment sind die Kreditbücher grundsätzlich gesund.« Die Schlüsselfrage sei, nach welchen Standards Finanzinstitute Kredite vergäben. »Die Banken sind da wirklich vorsichtiger geworden«, sagte Branson. Branson betonte zugleich: »Es ist absolut die Zeit, vorsichtig zu agieren.« Banken seien als Finanzierer der Wirtschaft aber auch dafür da, »Risiken zu nehmen, Banken sind auch da, mal Kreditverluste zu erleiden«. Geldhäuser müssten so gemanagt werden, dass nicht jeder Kreditausfall ein Desaster sei, sagte der Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.

© dpa-infocom, dpa:220907-99-664000/2