Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Wirtschaftsstandort Deutschland gegen Kritik verteidigt. Er verwies in einem Interview der ZDF-Sendung »Berlin direkt« auf milliardenschwere Investitionen ausländischer Konzerne in Deutschland. Zurückhaltend äußerte sich der SPD-Politiker erneut zum Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für einen staatlich subventionierten, niedrigeren Industriestrompreis.
Wirtschaftsverbände fordern angesichts der Konjunkturflaute und wegen der im internationalen Vergleich hohen Energiepreise breite Entlastungen. Verbände warnen zudem vor einer Abwanderung von Firmen.
SPD-Chefin Saskia Esken mahnte nun: »Wir sollten nicht den Fehler machen, die Industrie und die Wirtschaft insgesamt in die Depression reinzureden.« Deutschland sei ein starkes Land mit einer starken wirtschaftlichen Basis. »Die halbe Miete ist Psychologie«, sagte sie im ARD-Sommerinterview.
Scholz sagte, in Deutschland fänden große Direktinvestitionen statt. Die Halbleiterproduktion werde stark ausgebaut. Unternehmen siedelten sich bewusst an. »Sie haben sich für den Wirtschaftsstandort Deutschland entschieden.«
Der taiwanische Chiphersteller TSMC hatte angekündigt, ein Halbleiterwerk in Dresden zu bauen. Der Konzern erwartet, dass die Investitionen zehn Milliarden Euro übersteigen werden. Die Hälfte wird voraussichtlich als Förderung vom Staat aufgebracht. Zudem soll Intel in Magdeburg bei Investitionen von 30 Milliarden Euro für einen neuen Standort fast 10 Milliarden vom Staat erhalten.
Kritik aus der mittelständischen Wirtschaft
An diesen Subventionen kam erneut Kritik aus der mittelständischen Wirtschaft. Die Politik tue im Moment alles dafür, dem Mittelstand das »Rückgrat zu brechen«, sagte Christoph Ahlhaus, Bundesgeschäftsführer des Bundesverbandes der Mittelständischen Wirtschaft, der »Bild am Sonntag«. »Am Haupteingang zu Deutschlands lukrativsten Märkten Milliardengeschenke verteilen, während der drangsalierte Mittelstand den Notausgang ins Ausland nimmt. Das ist Deindustrialisierung pur und eine Tragödie für unser Land.«
Scholz dagegen argumentierte, Deutschland sei als Exportnation sehr erfolgreich. Wenn anderswo das Wachstum etwas schwächele, mache sich das bemerkbar. »Aber man darf da jetzt nicht das Kind mit dem Bade ausschütten.« Die Bundesregierung arbeite daran, Probleme zu lösen. Er verwies auf geplante Erleichterungen bei der Einwanderung ausländischer Fachkräfte. Mit Blick auf die Energiepreise sagte der Kanzler, die Bundesregierung sorge strukturell dafür, dass die Stromerzeugung in Deutschland billiger werde - über einen Ausbau der Erzeugungskapazitäten und der Stromnetze.
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