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Schnäppchenkultur bei Lebensmitteln am Pranger

Wer gute Lebensmittel will, muss mehr zu zahlen bereit sein. In diesem Sinne appellieren Bauernpräsident Rukwied und Agrarministerin Klöckner an die Verbraucher. Beide nehmen auch die Branche aufs Korn.

Klöckner
Julia Klöckner kritisierte die Preispolitik der Supermärkte. Foto: Fabian Sommer/dpa
Julia Klöckner kritisierte die Preispolitik der Supermärkte. Foto: Fabian Sommer/dpa

Berlin (dpa) - Beim Kauf von Lebensmitteln wollen Bauernverband und Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner die Verbraucher zum Umdenken bewegen. Die Kunden sollten etwa beim Fleisch mehr Wert auf Qualität legen, eine bessere Tierhaltung koste aber auch mehr Geld.

Vor der Agrarmesse Grüne Woche (17. bis 26. Januar) in Berlin kritisierten Bauernpräsident Joachim Rukwied und Klöckner auch die Schnäppchenangebote der Handelsketten.

Die CDU-Politikerin forderte die Deutschen auf, einen höheren Anteil ihres Einkommens für Essen auszugeben. »Da liegen wir mit weniger als zehn Prozent am unteren Ende der Europäischen Union«, sagte Klöckner der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung«. Sie finde es gut, dass sich die Menschen heute mehr als früher für die Methoden der Tierhaltung interessierten. »Dann müssen sie aber auch wissen, dass das mehr kostet - und sagen: Ich esse vielleicht nicht mehr jeden Tag Fleisch, dafür aber besseres.«

Rukwied sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstag): »Wir appellieren an die Kunden, Qualitätsprodukte zu kaufen. Sie sollten auch bei Bio-Produkten schauen, dass es regionale Produkte sind.« Lebensmittel in Deutschland seien im Vergleich sehr hochwertig, müssten aus Sicht der Landwirte aber teurer sein.

»Nur 20 Prozent der Verbraucher kaufen bewusst regionale, saisonale, höherwertige Lebensmittel. Viele andere könnten es, tun es aber noch nicht. Die müssen wir noch erreichen.« Wie Klöckner verwies Rukwied auf den in Deutschland im Europa-Vergleich geringen Anteil der Ausgaben für Lebensmittel.

Rukwied monierte in der »Neuen Osnabrücker Zeitung« (»NOZ«) die Preisgestaltung bei Bioprodukten, »beispielsweise Aktionsangebote beobachte ich mit großer Sorge«. Bioprodukte seien in der Herstellung teurer als konventionelle, die Biobauern brauchten daher einen höheren Preis.

Klöckner nannte es unanständig, »wenn der Handel die Kunden mit Dumpingpreisen für Fleisch in den Laden lockt, damit sie dort andere Produkte kaufen«. Nur bei höheren Preisen könnten Tierhalter auch weiterhin in Deutschland produzieren, ohne dass es zu Importen aus Ländern mit niedrigeren Standards komme. Zu Lockpreisen für Lebensmittel ist ein Treffen bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Handelsunternehmen geplant - einen Termin gibt es noch nicht.

Rukwied äußerte sich auch zur für Menschen ungefährlichen Afrikanischen Schweinepest in Polen. »Wir haben große Sorge, dass das Virus die Grenze überschreitet. Wir sollten mit deutscher Hilfe einen Zaun auf der polnischen Seite errichten, damit keine infizierten Wildschweine zu uns kommen.« In Brandenburg ist bereits ein Schutzzaun an der Grenze gebaut worden. Sachsen hat damit in der zurückliegenden Woche begonnen.

In der Diskussion um Düngerbelastung in den Böden forderte der Bauernpräsident eine bundesweite Überprüfung des Nitrat-Messnetzes. »Je genauer man sich das alles anschaut, desto mehr Ungereimtheiten fallen auf«, hielt er in der »NOZ« fest. Landwirte zweifeln an, dass die weitere Verschärfung der Düngeregeln in Deutschland auf validen Daten beruht.

Erhöhte Nitratwerte im deutschen Grundwasser hatten zu einer Verurteilung vor dem Europäischen Gerichtshof geführt. Auf Druck der EU-Kommission verschärfte die Bundesregierung die gerade reformierte Düngeverordnung erneut, um hohen Strafzahlungen zu entgehen. Rukwied erwartet, dass sich die Politik die Fakten noch einmal genau anschaut. Tue sie das nicht, »dann bleibt am Ende nur der Klageweg. Viele Landwirte sind dazu bereit«, sagte Rukwied.