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Schlichtungszeitplan steht: Naht Lösung im Bahn-Tarifstreit?

Im festgefahrenen Bahn-Tarifkonflikt haben sich Konzern und Gewerkschaft auf einen Zeitplan für eine Schlichtung geeinigt. Warnstreiks sind damit zumindest bis Ende Juli vom Tisch.

ICE
Ein ICE steht an einem Bahnhof. Foto: Martin Schutt/DPA
Ein ICE steht an einem Bahnhof.
Foto: Martin Schutt/DPA

Seit Monaten schwelt der Tarifstreit bei der Deutschen Bahn - eine Lösung war trotz zweier Warnstreiks und einer angekündigten Urabstimmung der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) nicht in Sicht. Nun soll eine Schlichtung den Durchbruch bringen. Auf einen Zeitplan und ein Schlichtungsteam einigten sich beide Seiten am Mittwoch. Wie die Chancen auf Erfolg stehen und worauf sich Bahnreisende nun einstellen müssen.

Sind weitere Streiks nun vom Tisch?

Vorerst ja. Die Schlichtung ist für die Zeit zwischen dem 17. und dem 31. Juli angesetzt. »Vor und während der Schlichtung gilt die Friedenspflicht«, teilten Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und die Deutsche Bahn. Allerdings will die EVG ihre Mitglieder anschließend per Urabstimmung über das Ergebnis der externen Vermittlung abstimmen lassen. Sie sollen dann entscheiden, ob es unbefristete Streiks geben wird, oder nicht. »Die EVG hat zugesichert, auch während der anschließenden Urabstimmung keine Streiks durchzuführen«, hieß es. Die Urabstimmung dauert vier Wochen, also etwa bis Ende August.

Was passiert jetzt? 

Am 17. Juli kommen Vertreterinnen und Vertreter beider Tarifparteien mit den Schlichtern zusammen. Hinter verschlossenen Türen wollen sie dann rund zwei Wochen lang nach einer Lösung suchen. Am Ende gibt es einen Schlichterspruch, dem EVG und Bahn gleichermaßen zustimmen müssen. Tun sie das, ist der Tarifkonflikt beendet. Nach der Schlichtung werden die EVG-Mitglieder bei der Bahn per Urabstimmung über Annahme oder Ablehnung der Schlichtungsempfehlung entscheiden. Bei einem ablehnenden Votum sind unbefristete Streiks möglich.

Wer schlichtet? 

Beide Seiten konnten jeweils einen Schlichter bestimmen und haben sich dabei auf Vermittler mit viel Erfahrung in der politischen und gesellschaftlichen Arbeit entschieden. Die EVG bestimmte Heide Pfarr. Die 78 Jahre alte Sozialdemokratin war viele Jahre Direktorin des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts in Düsseldorf und zudem Mitglied der Geschäftsführung der Hans-Böckler-Stiftung. Zudem war sie einige Monate für die SPD Senatorin in Berlin und Anfang der 90er Jahre für kurze Zeit Arbeitsministerin in Hessen.

Für die DB schlichtet der frühere Bundesinnen- und Verteidigungsminister Thomas de Maizière. Der 69 Jahre alte CDU-Politiker war in seiner langen politischen Karriere zudem Kanzleramtschef und hatte mehrere Ministerposten in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen inne.

Wie stehen die Erfolgschancen? 

Das lässt sich vorher nicht sagen, prinzipiell kann die Schlichtung aber als Zeichen der Annäherung und als eine beidseitige Willensbekundung zu einer gemeinsamen Lösung verstanden werden. Es kam allerdings schon vor, dass Schlichtungen bei der Bahn scheiterten - zuletzt etwa Ende 2020. Damals vermittelte der frühere Brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) vergeblich zwischen der Bahn und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Erst im September 2021 stimmten beide Seiten für einen Tarifvertrag bis Oktober 2023 - ohne Schlichtung. Zwischen den beiden Seiten vermittelten damals allerdings die Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) und Daniel Günther (CDU).

Wie üblich sind Schlichtungen bei der Bahn? 

Es gibt zwar kein festgelegtes Schlichtungsverfahren bei der Bahn, zuletzt gab es aber immer Tarifkonflikte, die sich nicht ohne Vermittlung von außen lösen ließen. 2015 etwa war nach mehreren Streikwellen eine Schlichtung nötig. Damals vermittelte wie auch 2020 Brandenburgs Ex-Regierungschef Platzeck, gemeinsam mit Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke).

© dpa-infocom, dpa:230705-99-296460/2