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Sanierung maroder Brücken wird deutlich teurer

Viele Autofahrer in Deutschland spüren die Folgen, wenn Brücken marode sind und gesperrt werden müssen. Eine Sanierung kostet viel Geld. Die Finanzierung scheint nicht gesichert.

Brücken
Die Brücke der Bundesautobahn auf der A42 über den Rhein-Herne Kanal ist wegen Brückenmängel in beide Richtungen gesperrt. Foto: David Young/DPA
Die Brücke der Bundesautobahn auf der A42 über den Rhein-Herne Kanal ist wegen Brückenmängel in beide Richtungen gesperrt.
Foto: David Young/DPA

Ohne zusätzliche Milliardenmittel ist die Sanierung maroder Brücken in Deutschland in Gefahr - mit möglichen Folgen für viele Autofahrer. Die Sanierung der Brücken und die Modernisierung des Autobahnnetzes in Deutschland wird in den kommenden Jahren deutlich teurer als bisher gedacht. Die Autobahn GmbH habe einen großen zusätzlichen Finanzierungsbedarf von rund 5,5 Milliarden Euro für die Jahre 2025 bis 2028, sagte ein Sprecher der bundeseigenen Gesellschaft in Berlin. 

Das Brückenmodernisierungsprogramm sei ein wesentlicher Kostentreiber, so der Sprecher. Eine schnellere Planung für die Erneuerung der Brücken habe für die Autobahn GmbH Vorrang.

Ein Sprecher von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte, es gebe einen sehr hohen Nachholbedarf bei der Infrastruktur. Das Ministerium könne die Zahlen über den Mehrbedarf für die Bundesfernstraßen bestätigen und werde sich in den Haushaltsverhandlungen dafür einsetzen, dass ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt werden. 

Zustand der Brücken

Wissing hatte im März 2022 ein Maßnahmenpaket für eine schnellere Brückenmodernisierung vorgelegt. Bei vielen Brücken hat die intensive Beanspruchung in den vergangenen Jahrzehnten Spuren hinterlassen, vor allem durch den zunehmenden Schwerverkehr. Laut Autobahngesellschaft wurden rund 55 Prozent aller Brückenbauwerke in Deutschland vor 1985 erbaut. Brücken alterten und müssten darüber hinaus erheblich gestiegene Verkehrslasten tragen. 

In den kommenden Jahren sollen 400 Brücken pro Jahr saniert werden. Insgesamt gelten mehr als 4000 Brücken von rund 28.000 Autobahnbrücken in Deutschland als sanierungsbedürftig.

Überregional wurde etwa die Autobahnbrücke Rahmede an der Sauerlandlinie bekannt, die wegen schwerer Schäden gesperrt werden musste und inzwischen gesprengt wurde. Geplant ist ein Neubau. Anderes Beispiel: An einer Brücke der A42 über den Rhein-Herne-Kanal bei Bottrop waren im Dezember so massive Schäden festgestellt worden, dass sie komplett gesperrt wurde. Seit kurzem rollt der Autoverkehr wieder. Es gibt aber ein Einfahrverbot für den Schwerlastverkehr 

Mehr Geld notwendig

Als Gründe für den höheren Finanzbedarf für die Bundesfernstraßen gelten das Hochfahren der Investitionen bei den Brückensanierungen wie auch inflationsbedingte Kostensteigerungen, zum Beispiel Baukostensteigerungen. Hinzu kommt der erhöhte Personalbedarf für das Brückenmodernisierungsprogramm, sowohl extern in Planungsbüros wie auch intern in der Autobahn GmbH. 

Außerdem gibt es bereits jetzt aufgrund der Wachstumsschwäche in Deutschland Mindereinnahmen bei der Lkw-Maut - einer wichtigen Einnahmequelle des Bundes. Unklar bleibt, wie sich diese Mautmindereinnahmen mittelfristig entwickeln. 

Debatte über Fonds könnte Fahrt aufnehmen

Die Alarmsignale zum Finanzbedarf bei den Brücken kommen mitten in Verhandlungen über die Aufstellung des Bundesetats für 2025, die angesichts von Sparzwängen als schwierig gelten. Deswegen könnte eine Debatte über einen milliardenschweren »Infrastrukturfonds« an Fahrt aufnehmen.

Für einen solchen Fonds hatte sich Wissing wegen eines steigenden Investitionsbedarfs ausgesprochen. In diesem Fonds könnten Finanzmittel für Schienen, Straßen und Wasserwege für mehrere Jahre gebündelt werden, also auch für die Sanierung von Brücken. Die Finanzierung wäre dann nicht mehr von Haushaltszwängen abhängig. Auch für die Sanierung des Bahnnetzes in den kommenden Jahren fehlen noch etliche Milliarden. Wissing will für einen solchen Fonds auch privates Kapital mobilisieren. Die Debatte darüber steht aber erst am Anfang.

Im Januar hieß es in einem Bericht des Bundesrechnungshofs an den Haushaltsausschuss im Bundestag, der Bund drohe Ziele bei der Sanierung von Brücken deutlich zu verfehlen. Der Brückenmodernisierung sei Vorrang einzuräumen, sonst seien weiterer Verfall und Brückensperrungen programmiert. Die Autobahngesellschaft benötige ausreichend Personal und zweckgebundene Haushaltsmittel. Das Ministerium hat laut Rechnungshof als Ziel ausgegeben, die schlechtesten Autobahnbrücken bis zum Jahr 2032 durch die Autobahn GmbH des Bundes modernisieren zu lassen.

Umweltverbände fordern Kurswechsel

Umweltverbände nutzten den zusätzlichen Finanzbedarf für die Brücken dazu, ihre Forderung nach einem Kurswechsel in der Verkehrspolitik zu erneuern. Jens Hilgenberg, Leiter Verkehrspolitik beim BUND, sagte, statt noch mehr Geld ins System Straße zu pumpen, müssten Finanzmittel und Planungskapazitäten vom klimaschädlichen und naturzerstörenden Fernstraßenneubau umgelenkt werden.

»Der Erhalt und naturverträgliche Ausbau der Schiene und eine Sanierung der aktuellen Straßeninfrastruktur mit rund 4000 maroden Autobahnbrücken sind wichtige Maßnahmen. Dafür muss auf der anderen Seite der Neu- und Ausbau von Autobahnen und Bundesstraßen auf Eis gelegt werden.«

Auch Greenpeace-Mobilitätsexpertin Marissa Reiserer sagte, der Neu- und Ausbau von Autobahnen solle zugunsten der Sanierung ausgesetzt werden. »Dabei geht es nicht allein um besseren Klimaschutz im Verkehr, sondern auch darum, das bestehende Autobahnnetz in einen funktionierenden Zustand zu versetzen.« 

© dpa-infocom, dpa:240408-99-602031/3