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Risiko Geopolitik: China-Anleger hoffen auf »Jahr des Hasen«

In der chinesischen Kultur steht das Zeichen des Hasen für Frieden und Wohlstand. Das macht auch Anlegern außerhalb der zweitgrößten Volkswirtschaft Hoffnung. Sie setzen auf chinesische Aktien.

Finanzmarkt in China
Chinesische Investoren beobachten die Aktienkurse in einem Brokerhaus in Peking. Foto: Mark Schiefelbein
Chinesische Investoren beobachten die Aktienkurse in einem Brokerhaus in Peking.
Foto: Mark Schiefelbein

In Zeiten stark steigender Preise und hoher Zinsen richtet sich die Hoffnung mancher Anleger auch hierzulande auf China. Nicht ohne Grund, denn Inflationssorgen und die damit einhergehende Furcht vor einer straffen Geldpolitik sind in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt aktuell kein Thema. Vielmehr setzt Peking alles daran, nach dem Ende der strikten Null-Covid-Politik den wichtigen Konsum wieder anzukurbeln.

Diese Bemühungen könnten sich Experten zufolge trotz aller geopolitischen Spannungen auch positiv am Aktienmarkt niederschlagen. Es wäre eine Erleichterung für China-Anleger, die in den vergangenen beiden Jahren deutliche Einbußen hinnehmen mussten. Allein im vergangenen Jahr war der CSI-300-Index mit den 300 wichtigsten Werten der Börsen Shanghai und Shenzhen um mehr als ein Fünftel abgesackt, nach einem Minus von fünf Prozent 2021. Zum Vergleich: Der MSCI World Index war 2022 zwar auch um rund ein Fünftel gefallen, hatte im Jahr davor aber um ein Fünftel zugelegt.

Viel Ersparnisse in privaten Haushalten

»Einer der Faktoren, die uns in naher Zukunft für chinesische Aktien am meisten optimistisch stimmen, ist das Rekordniveau der Ersparnisse der privaten Haushalte, die in den Banken des Landes liegen«, zeigte sich Alessandro Rollo vom Vermögensverwalter VanEck jüngst überzeugt. Hunderte Millionen von Sparern haben demnach derzeit kaum Möglichkeiten, beim Aufbau ihrer Altersvorsorge außerhalb der Kapitalmärkte des Landes eine angemessene Rendite zu erzielen.

Ein Grund dafür ist, dass der für China so wichtige Immobilienmarkt nach den Turbulenzen des Vorjahres langsam auf die Beine kommt. Die Regierung sicherte auf dem jüngsten Volkskongress zwar eine »effektive Risikoprävention« für den Sektor zu. Gleichzeitig aber müsse versucht werden, eine »unregulierte Expansion« des Immobilienmarktes zu verhindern.

Im Ende Januar begonnenen Jahr des Hasen - der für Frieden und Wohlstand steht - richtet sich die Hoffnung der Konsumenten und Anleger damit auf den neuen Premierminister Li Qiang. »Li ist für seine wirtschaftspolitische Haltung bekannt und hat seine Unterstützung für private Unternehmen bekräftigt«, sagte jüngst Fondsmanagerin Haiyan Li-Labbé vom Vermögensverwalter Carmignac.

Ende der harten Gangart gegen Tech-Konzerne in Sicht?

In den vergangenen Jahren haben die chinesischen Regulierungsbehörden noch entschieden gegen große Tech-Unternehmen durchgegriffen. Peking ist deren Marktmacht ein Dorn im Auge; die Regierung fürchtet um politische Stabilität und letztlich um ihre Macht. Doch mittlerweile zeichnet sich ein Ende der harten Gangart ab, denn auch der Privatsektor soll nach dem Ende der Corona-Maßnahmen seinen Beitrag zur Erholung der Wirtschaft leisten.

»Die Regierung in Peking kehrt in puncto Regulierung wieder zu mehr Pragmatismus zurück«, sagte Uwe Röhrig vom Vermögensverwalter UBS Asset Management der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Es wird weniger eingegriffen als zuletzt, denn China braucht weiterhin deutliches Wachstum, um den Wohlstand der Bevölkerung zu steigern.

Doch Chinas Unternehmen wissen auch, dass sie nach wie vor vorsichtig agieren müssen. Beispiel Alibaba: Der Firmengründer des Online-Riesen, Jack Ma, war vor gut zwei Jahren in Ungnade gefallen und nach einer Auszeit jüngst wieder in China aufgetaucht. Kurz darauf wurde bekannt, dass sich der Konzern in sechs kleinere Einheiten aufspalten will.

Aufregung um mutmaßlichen Spionageballon

Entscheidende Frage bei den Aussichten für den chinesischen Aktienmarkt bleibt, ob die politischen Spannungen mit den USA zunehmen. Washington hat im vergangenen Herbst sein Vorgehen gegen Peking verschärft und mit Verweis auf die nationale Sicherheit die Ausfuhr von Hochleistungschips an neue Vorschriften geknüpft. Im Februar hatte ein mutmaßlicher chinesischer Spionageballon im US-Luftraum für Ärger gesorgt. Auch eine militärische Konfrontation ist nicht ausgeschlossen, denn China betrachtet die Insel Taiwan als Teil der Volksrepublik und droht mit deren Eroberung.

»Wegen der geopolitischen Spannungen werden chinesische Aktien immer mit einem Abschlag gehandelt werden, aber dieser dürfte sich in diesem Jahr verringern«, sagte Fondsmanager Xiadong Bao von Edmond de Rothschild dpa-AFX. China und die USA hätten erkannt, dass sie ihre Ziele als wirtschaftliche Wettbewerber besser erreichen könnten als über die Austragung von Konflikten.

Star-Investor Warren Buffett ist dennoch vorsichtig und hat jüngst Beteiligungen an dem chinesischen Elektroautobauer BYD und an dem taiwanesischen Chip-Giganten TSMC reduziert. Buffett sagte dem Fernsehsender CNBC, BYD sei zwar »außergewöhnlich« und TSMC ein »fabelhaftes Unternehmen«. Aber das geopolitische Risiko zwischen den Heimatstandorten beider Unternehmen sei zu groß geworden, um es zu ignorieren. Stattdessen erhöhte er den Japan-Anteil im Portfolio.

© dpa-infocom, dpa:230508-99-602954/3