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Privates Geldvermögen auf Rekordhoch

Sparen, sparen, sparen: Die Privathaushalte in Deutschlands pflegen eine deutsche Tugend und mehren dadurch trotz Zinsflaute ihr Vermögen. Volkswirte sehen die Entwicklung allerdings mit Sorge.

Privates Geldvermögen
Die Sparquote in Deutschland steigt stetig. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa
Die Sparquote in Deutschland steigt stetig. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Frankfurt/Main (dpa) - Die Menschen in Deutschland sparen wie die Weltmeister - und werden vor allem deshalb in Summe immer reicher.

Nach Berechnungen der DZ Bank, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen, dürfte das Geldvermögen der privaten Haushalte im abgelaufenen Jahr 2019 um rund 441 Milliarden Euro auf den Rekordwert von 6,6 Billionen Euro zugenommen haben.

Im Vergleich zum Jahr 2018 habe sich der Vermögensaufbau stark beschleunigt. Die Wachstumsrate erhöhte sich von 2,2 Prozent 2018 auf 7,1 Prozent 2019. Positiv wirkten sich dabei auch steigende Aktienkurse aus. Während Privatanleger 2018 noch Kursverluste an den Aktienmärkten hinnehmen mussten, konnten sich Anleger 2019 über kräftige Kurssteigerungen freuen.

»Den größten Anteil am Vermögensaufbau hatte aber erneut der Sparfleiß der Bürger«, stellen die Ökonomen der DZ Bank fest. Die Sparquote der privaten Haushalte dürfte sich mit rund 11 Prozent auf dem erhöhten Niveau von 2018 eingependelt haben.

Seit 2014 ist die Sparquote in Deutschland stetig gestiegen, 2018 lag sie nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes bei 11 Prozent. Von 100 Euro verfügbarem Einkommen werden also 11 Euro auf die hohe Kante gelegt.

»Trotz extrem niedriger Zinsen lassen sich die Bürger bei ihren Sparbemühungen nicht entmutigen«, heißt es in der DZ-Bank-Studie. Denn eigentlich wird Sparen, so wie es die meisten Deutschen lieben, nicht mehr belohnt: Auf Sparbuch, Tagesgeld und Co. gibt es in der Regel keine Zinsen mehr, zudem kassieren immer mehr Institute für besonders hohe Einlagen sogar Negativzinsen. Damit reagieren Banken auf die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), die die Zinsen im Euroraum seit Jahren auf extrem niedrigem Niveau hält.

»Mit der inzwischen seit Jahren andauernden Phase extrem niedriger, teils negativer Zinsen, ist der Zinseszinseffekt als wichtige Säule des Vermögensaufbaus weitgehend weggebrochen«, erklärte DZ-Bank-Chefvolkswirt Stefan Bielmeier.

Dennoch sind nach Berechnungen der DZ Bank rund 1,8 Billionen Euro, also gut ein Viertel (27 Prozent) des privaten Geldvermögens der deutschen Haushalte, »zwischengeparkt« - vorwiegend in Form von Sichteinlagen, die Sparer bei Bedarf schnell umschichten können.

In einer kürzlich veröffentlichten Umfrage des Fondsanbieters Union Investment gaben knapp drei Viertel (74 Prozent) der Befragten an, dass sie am Sparbuch festhalten - wohlwissend, dass es derzeit kaum noch Erträge abwirft. Immerhin mehr als der Hälfte der Sparer (56 Prozent) ist demzufolge bekannt, dass es Anlagemöglichkeiten gibt, die im Zinstief höhere Renditen versprechen. Allerdings glaubt mehr als jeder Zweite (55 Prozent) zugleich, das Zinstief aussitzen zu können.

Relativ wenige Menschen in Deutschland investieren Geld in Aktien oder Fonds. Zahlen des Aktieninstituts zufolge besaßen im Jahr 2018 etwa 10,3 Millionen Bürger in Deutschland, die älter sind als 14 Jahre, Anteilsscheine von Unternehmen oder Aktienfonds. Das ist zwar der höchste Stand seit 2007. Dennoch bleibt Deutschland mit einer Aktionärsquote von gut 16 Prozent meilenweit entfernt von anderen Industrieländern. In den USA etwa, wo der Staat die Altersvorsorge über den Kapitalmarkt stärker fördert, liegt sie bei über 50 Prozent.

»Die anhaltende Niedrigzinsphase erfordert ein verändertes Sparverhalten der privaten Haushalte in Deutschland. Wir brauchen in Deutschland eine neue Sparkultur«, mahnte Bielmeier. »Statt der traditionellen Fixierung auf verzinsliche Anlageformen sind mehr Investitionen in reale Sachwerte wie Immobilien sowie Aktien, Fonds und Zertifikate gefragt. Die Vielfalt der Sparvarianten eröffnet Möglichkeiten zur Überwindung des Geldanlagestaus.«

Experten halten ein solches Umdenken insbesondere deshalb für notwendig, weil die Rente alles andere als sicher ist und die Menschen zunehmend gefordert sind, privat fürs Alter vorzusorgen.

Von der Deutschen Bundesbank gibt es bislang offizielle Zahlen zum Geldvermögen im zweiten Quartal 2019: Demnach sind die Menschen in Deutschland trotz der Zinsflaute in Summe so vermögend wie nie: Auf 6237 Milliarden Euro summierte sich demnach das Vermögen der privaten Haushalte in Form von Bargeld, Wertpapieren, Bankeinlagen sowie Ansprüchen gegenüber Versicherungen. Zahlen für das dritte Quartal 2019 veröffentlicht die Bundesbank im Januar.