Von einem historischen Moment ist die Rede: Fast 60 Jahre lang kam russisches Rohöl aus der Druschba-Pipeline im brandenburgischen Schwedt an. Mit dem Jahreswechsel ist damit Schluss. Die Raffinerie PCK mit 1200 Beschäftigten bekommt anderes Rohöl über den Hafen Rostock - das bedeutet eine weit geringere Auslastung von 50 Prozent.
Ein »erster Meilenstein« sei bewältigt, sagte PCK-Chef Ralf Schairer am Tag zwei ohne russisches Öl optimistisch. Die Umstellung der Anlage funktioniere. »Die Raffinerie läuft stabil, natürlich mit weniger Durchsatz.« Zusätzliche Rohöl-Mengen über Polen und aus Kasachstan sind seit langem im Gespräch, fehlten zum Jahresanfang aber noch.
Auch wenn bislang nicht alle Fragen geklärt seien, »so ist doch ein vernünftiger Status quo erreicht, mit dem sich arbeiten lässt«, sagte der brandenburgische Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD), der das Engagement der PCK-Beschäftigten würdigte. Am Montag machte er sich ein Bild von der modernen Messwarte im Werk. In dem Kontrollzentrum überwachen Fachleute über rund 80 Monitore die Prozesse und können sehen, ob irgendwo Probleme auftauchen.
70 Prozent Auslastung ist das Ziel
Die Raffinerie wird seit dem Öl-Embargo ab 1. Januar allein über die rund 200 Kilometer lange Pipeline von Rostock nach Schwedt versorgt, die bislang nie unter Volllast lief. Die Vorbereitungen für den Maximalbetrieb dieser Pipeline seien alle getroffen, sagte Schairer. Er sei auch zuversichtlich, dass noch zusätzliches Öl über andere Wege komme. Wirtschaftsminister Steinbach sagte: »Zusätzliche Lieferungen, die aus Polen und gegebenenfalls aus Kasachstan angekündigt wurden, die müssen jetzt so schnell wie möglich hinterher kommen.«
Zusätzlich zu den Mengen an Tanker-Öl über den Hafen Rostock soll Rohöl über den Hafen Danzig herangeschafft werden. Zusammen soll das laut Bundeswirtschaftsministerium reichen, um die Kapazität des PCK zu 70 Prozent auszulasten. Da Deutschland zu Jahresbeginn alle Rohöl-Importe aus Russland wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine stoppte, mussten Alternativen für die Raffinerie aufgetan werden. Von Schwedt aus werden große Teile Ostdeutschlands mit Treibstoffen versorgt.
Er sei guter Hoffnung, dass noch in der zweiten Januarhälfte Öl-Lieferungen via Danzig realisiert werden, sagte Steinbach. Zudem sei ein Test des Transportwegs aus Kasachstan geplant.
© dpa-infocom, dpa:230102-99-79723/4