Die Industriestaatenorganisation OECD sieht nur verhaltene Wachstumsaussichten für die Weltwirtschaft im kommenden Jahr, ein Risiko ist die unsichere Entwicklung in China. Zwar sei die Entwicklung in der ersten Jahreshälfte 2023 besser als erwartet gewesen, stellte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrem in Paris vorgelegten Konjunkturausblick fest.
Allerdings seien die weiteren Aussichten schwach, die Inflation erweise sich als hartnäckig und es bestünden erhebliche Risiken.
Durch die Auswirkungen der Geldpolitik und der unerwartet schwachen Erholung in China rechnet die OECD daher mit einem Weltwirtschaftswachstum von 3,0 Prozent für 2023 und 2,7 Prozent für 2024. Für Deutschland wird für das laufende Jahr ein minus von 0,2 Prozent und für 2024 ein Wachstum von 0,9 Prozent prognostiziert.
Für die USA geht die OECD von einem Wachstum des Inlandsprodukts von 2,2 Prozent im laufenden Jahr und von 1,3 Prozent 2024 aus. Die Abschwächung sei Folge einer Abkühlung am Arbeitsmarkt und generell der Auswirkungen der restriktiveren Geldpolitik. Im Euroraum, der bereits unter Nachfrageschwäche leidet, dürfte sich das Wachstum des Inlandsprodukts 2023 auf 0,6 Prozent verringern und 2024 wieder auf 1,1 Prozent anziehen, wenn der negative Effekt der hohen Inflation auf die Realeinkommen abklingt.
Aus Sicht der OECD ist es möglich, dass das globale Wachstum weiterhin positiv überrascht und die Inflation in den großen Volkswirtschaften ohne nennenswerte Störungen auf den Arbeitsmärkten auf das angestrebte Niveau sinkt. Darauf deute die Entwicklung in den USA hin.
Verschiedene Abwärtsrisiken
Allerdings warnt die Organisation in ihrer Konjunkturprognose vor verschiedenen Abwärtsrisiken. Die Inflation könnte unerwartet hartnäckig bleiben, zumal weitere Störungen an den Energie- und Nahrungsmittelmärkten nicht auszuschließen sind. Eine weitere Abschwächung in China würde das Wachstum weltweit dämpfen und könnte das Geschäftsklima trüben. Bislang sei die Erholung in China nach der Abschaffung der Pandemiemaßnahmen und der Wiedereröffnung der Wirtschaft schwächer als erwartet verlaufen. Den OECD-Projektionen zufolge wird das Wachstum im laufenden Jahr bei 5,1 Prozent liegen und 2024 bei 4,6 Prozent.
Viele Länder wiesen nach umfangreichen Hilfspaketen zur Bewältigung der Corona-Pandemie und der Energiepreiskrise außerdem eine hohe Staatsverschuldung auf, warnte die OECD. Daher müssten die Regierungen den Gürtel enger schnallen und glaubwürdige mittelfristige Haushaltspläne aufstellen und umsetzen. Dies sei nötig, um den wachsenden zukünftigen Ausgaben im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel, steigenden Verteidigungsausgaben, dem Klimawandel und der zunehmenden Schuldenlasten Rechnung zu tragen. Ein gezielterer Einsatz öffentlicher Gelder könnte zudem helfen, die Klimawende zu bewältigen.
Rat zur restriktiven Geldpolitik
Um der Inflation zu begegnen, rät die OECD zu einer weiterhin restriktiven Geldpolitik, bis es deutliche Anzeichen dafür gebe, dass der Inflationsdruck dauerhaft nachlässt. Die bereits erfolgten Zinserhöhungen zeigten mittlerweile Wirkung. Dennoch müssten die Zinssätze in vielen Ländern voraussichtlich bis ins kommende Jahr hinein auf oder nahe an ihrem jetzigen Niveau bleiben.
Um das Wachstum anzukurbeln, mahnt die Industriestaatenorganisation dringend Strukturreformen an. Damit die Volkswirtschaften anstehende strukturelle Transformationen wie die Klimawende und die Digitalisierung erfolgreich bewältigten, seien Reformen nötig, die die Widerstandsfähigkeit und Innovationskraft stärkten. Unter anderem gehe es darum, Hindernisse für den Marktzugang und grenzüberschreitenden Handel abzubauen und den Wettbewerb zu fördern.
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