Trotz einer stagnierenden Wirtschaft geht die Industriestaatenorganisation OECD von einem weiteren Rückgang der Arbeitslosigkeit in Deutschland im kommenden Jahr aus. Im Frühjahr habe Deutschland bereits eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten unter den OECD-Ländern gehabt, teilte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris mit.
Die Arbeitslosigkeit sei geringer als vor der Corona-Krise. Dabei werde die deutsche Wirtschaft 2023 voraussichtlich stagnieren, da die hohe Inflation die Realeinkommen und Ersparnisse schmälere und den Konsum dämpfe. Im OECD-Raum werde hingegen ein Wachstum von 1,4 Prozent erwartet.
Für 2024 fällt dann der Konjunkturausblick der OECD auch für Deutschland positiver aus: Gerechnet wird mit einem Wachstum von 1,3 Prozent, begleitet von einem weiteren Rückgang der Arbeitslosigkeit.
Rückgang der Reallöhne
Beim Blick auf die OECD-Länder als Ganzes zeigt sich, dass sich die Beschäftigung vollständig von den Auswirkungen der Corona-Pandemie erholt hat und die Arbeitslosigkeit auf den niedrigsten Stand seit den frühen Siebziger Jahren gesunken ist. Die Nominallöhne sind zwar gestiegen, haben aber nicht mit der Inflation Schritt gehalten, was in fast allen OECD-Ländern zu einem Rückgang der Reallöhne geführt hat. Im ersten Quartal 2023 war das jährliche Reallohnwachstum trotz des Anstiegs der Nominallöhne in 30 der 34 Länder, für die Daten vorliegen, negativ - mit einem durchschnittlichen Rückgang von 3,8 Prozent.
In Deutschland betrug der Rückgang laut der OECD-Analyse 3,3 Prozent. Bei Geringverdienenden sei dieser Reallohnverlust aber durch die im Oktober 2022 erfolgte Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro pro Stunde etwas abgefedert worden. Da es wenige Anzeichen für eine Preis-Lohn-Spirale gibt, rät die OECD auch zu Mindestlöhnen und Tarifverhandlungen, um Kaufkraftverluste abzufedern. Der direkteste Weg, die Arbeitnehmerschaft zu unterstützen, führe über Lohnerhöhungen, einschließlich staatlich kontrollierter gesetzlicher Mindestlöhne, hieß es in der OECD-Studie.
Risiken der KI
Aus der Analyse geht ebenfalls hervor, dass die Gewinne in vielen OECD-Ländern stärker gestiegen sind als die Arbeitskosten, was wesentlich zum Preisdruck beiträgt. Mit Blick auf die Zukunft deutet sich an, dass die Gewinne in mehreren Bereichen und Ländern Spielraum haben. Weitere Lohnerhöhungen könnten daher aufgefangen werden, um so den Kaufkraftverlust abzufedern, ohne dass ein deutlicher zusätzlicher Inflationsdruck entsteht.
In ihrem Beschäftigungsausblick hat die OECD auch die Künstliche Intelligenz in den Blick genommen, die voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben wird. Bei Tätigkeiten mit geringer und mittlerer Qualifizierung gibt es demnach das höchste Risiko, dass diese automatisiert werden. In hoch qualifizierten Berufen scheint KI hingegen die Kompetenzen in diesen Berufen vielmehr zu ergänzen. Insbesondere Geringqualifizierte und ältere Arbeitskräfte, aber auch Höherqualifizierte müssten sich weiterbilden, rät die OECD. Die Regierungen sollten daher Anreize für Arbeitgeber schaffen, betriebliche Schulungen anzubieten.
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