Der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé steht wegen Babynahrung in der Kritik. Nach einer Analyse der Schweizer Organisation Public Eye, die sich für die Einhaltung der Menschenrechte durch Unternehmen mit Sitz in der Schweiz einsetzt, setzt das Unternehmen Babynahrung in manchen Ländern Zucker zu. Betroffen seien Entwicklungs- und Schwellenländer, westliche Länder wie Deutschland dagegen nicht.
»Nestlé macht Babys und Kleinkinder in einkommensärmeren Ländern zuckersüchtig«, heißt es in dem Bericht, der einen Tag vor der Generalversammlung der Nestlé-Aktionäre am Donnerstag veröffentlicht wurde. Public Eye forderte Nestlé auf, »die Doppelmoral« zu beenden. Nestlé stritt die Ergebnisse der Laboranalysen auf Nachfrage nicht ab.
Nach den Analysen von Public Eye und dem Internationalen Aktionsnetzwerk zur Säuglingsnahrung (IBFAN) in einem belgischen Labor enthielten Proben bestimmter Folgemilchprodukte für Kleinkinder aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien keinen Zuckerzusatz. In Proben aus Ländern wie Bangladesch, Indien, Pakistan, Südafrika, Äthiopien und Thailand sei aber zwischen 1,6 und 6,0 Gramm Zucker pro Portion zugesetzt gewesen. Im schlimmsten Fall entspricht das mehr als einem Stück Würfelzucker, das 4 Gramm wiegt.
Auch in Getreideprodukten für Babys fand das Labor viel Zucker, auch in Produkten, die in Europa verkauft werden. Dazu sagt Nestlé: »Wir entwickeln und reformulieren unsere Getreideprodukte für Säuglinge weiter, um den Gehalt an zugesetzten Zuckern weiter zu reduzieren, ohne Kompromisse bei Qualität, Sicherheit und Geschmack einzugehen. In manchen Ländern in Europa gibt es Produkte ohne Zuckerzusatz, zusätzlich zu den herkömmlichen Produkten mit Zuckerzusatz.«
Ernährungsexperten sagen, wenn Kinder früh an den Zuckergeschmack gewöhnt werden, greifen sie meist auch später vermehrt zu zuckerhaltigen Produkten. Das könne zu Fettleibigkeit führen oder Krankheiten wie Diabetes begünstigen. Nestlé war in den 1970er-Jahren schon in der Kritik, weil es in Entwicklungsländern für Babymilchpulver warb. Viele Mütter dachten, dies sei gesünder als ihre eigene Muttermilch. Weil vielerorts kein sauberes Wasser zur Verfügung stand, brachte es Babys aber in Gefahr. Seit Langem betont das Unternehmen aber: »Wir unterstützen die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), für die ersten sechs Lebensmonate eines Babys ausschließlich zu stillen.«
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