WIESBADEN. Millionen Menschen in Deutschland sind unzufrieden mit ihrer Arbeitszeit. Rund 2,2 Millionen Erwerbstätige im Alter von 15 bis 74 Jahren wollten im Jahr 2018 mehr tun, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte.
Das gilt vor allem für Teilzeitkräfte, unter denen besonders viele Frauen sind. Beim Wunsch nach Aufstockung spielt auch das Geld eine Rolle. Zugleich gibt es 1,4 Millionen Erwerbstätige, die beruflich kürzer treten möchten.
Das Statistische Bundesamt berücksichtigte Erwerbstätige in Voll- und Teilzeit. Teilzeitkräfte kamen im Schnitt auf 20,0 Stunden je Woche, Arbeitnehmer in Vollzeit auf 41,4 Stunden - beides einschließlich Nebentätigkeiten. Beschäftigte, die ihr Pensum erhöhen wollten, arbeiteten im Schnitt wöchentlich 28,9 Stunden. Sie würden gern um 10,6 Stunden aufstocken.
Maßgeblich dafür dürfte das Gehalt sein: Bei der Befragung sollten die Beschäftigten berücksichtigen, dass mehr Arbeit zu mehr Verdienst führe und eine Verkürzung umgekehrt zu Einbußen. Nach einer Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit haben Beschäftigte in den höchsten Lohngruppen im Vergleich zu den unteren 10 Prozent eine geringere Wahrscheinlichkeit, ihre Arbeitszeit erhöhen zu wollen.
Vor allem Erwerbstätige in Teilzeit wollen den Wiesbadener Statistikern zufolge aufstocken - 1,2 Millionen äußerten diesen Wunsch, darunter 851 000 Frauen. Es arbeiten deutlich mehr Frauen (9,2 Millionen) als Männer (2,5 Millionen) in Teilzeit. Insgesamt zählte die Wiesbadener Behörde 2018 rund 41,7 Millionen Erwerbstätige, davon 11,7 Millionen Teilzeitbeschäftigte.
Nach der IAB-Studie aus dem Jahr 2018 ist der Wunsch bei Frauen nach einer Verlängerung der Arbeitszeit über die 1990er und 2000er Jahre größer geworden. Der häufigste Grund für Unterbeschäftigung sei die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Familienangehörigen, erläuterte IAB-Experte Enzo Weber. »Beides hängt üblicherweise an Frauen.« Männer mit einem Teilzeit- oder Minijob seien allerdings unzufriedener als Frauen.
Unter den Beschäftigten, die ihr Pensum reduzieren wollen, sind besonders viele Vollzeitkräfte - etwa 1,3 Millionen. Sie waren im Durchschnitt 41,6 Stunden in der Woche im Einsatz und wünschten sich eine Verkürzung um 10,8 Stunden. Dem IAB zufolge haben »Beschäftigte in Berufen mit höherer beruflicher Autonomie« häufiger Schwierigkeiten, ihren Wunsch nach einer kürzeren Arbeitszeit zu verwirklichen.
»Wir brauchen Arbeit, die zum Leben passt«, sagte Katja Mast, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion. Sie verwies auf Vorschläge ihrer Partei für eine bessere Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege, ein Zeitkonto für jeden Beschäftigten und Zeit für Weiterbildung und Qualifizierung. (dpa)