Logo
Aktuell Wirtschaft

Kreditversicherer rechnet 2021 nicht mit großer Pleitewelle

Schlägt sich die Corona-Krise 2021 in einer Welle von Firmenpleiten nieder? Nein, sagt eine Versicherung - jedenfalls noch nicht in diesem Jahr.

HAMBURG. Die deutschen Unternehmen zeigen sich in der Corona-Krise erstaunlich widerstandsfähig: Eine große Pleitewelle ist bisher ausgeblieben. Der Kreditversicherer Euler Hermes ist überzeugt, dass dies - auch dank staatlicher Hilfen - vorläufig so bleibt.

In diesem Jahr werde die Zahl der Firmenpleiten lediglich um 6 Prozent steigen und damit weiterhin deutlich unter dem Niveau des Vorkrisenjahres 2019 bleiben, prognostizierten die Experten in einer am Montag veröffentlichten Studie. Auch 2022 werde die Zahl der Firmenpleiten lediglich wieder auf das Niveau der Vorkrisenjahre ansteigen. Doch sind nicht alle Experten so optimistisch.

Die Insolvenzentwicklung sei derzeit nicht von Marktmechanismen, sondern von der weiteren Entwicklung und dem Fortbestand von Unterstützungsmaßnahmen abhängig, sagte der Euler-Hermes-Chef für Deutschland, Ron van het Hof. Sie habe sich vom tatsächlichen Zustand der Unternehmen abgekoppelt. »Das wird nicht ewig so weitergehen. Aber auch mit der sukzessiven Rückkehr in eine neue Normalität ist ein umgehender oder sprunghafter Anstieg dadurch erst einmal nicht in Sicht.«

Mit einer deutlichen Zunahme der Insolvenzen rechnet der Kreditversicherer deshalb erst im Laufe des Jahres 2022. Dann dürften die Pleiten um rund 15 Prozent zunehmen, prognostizierte Euler Hermes. Damit stehe Deutschland im internationalen Vergleich aber gut da. Denn es bedeute, dass die Zahl der Insolvenzen auch 2022 nur um etwa 4 Prozent höher liegen werde als im Vorkrisenjahr 2019. Die Zahl der Firmenpleiten werde dann auf dem Niveau des für die deutsche Wirtschaft wirklich nicht schlechten Jahres 2017 liegen.

Ein Grund für den Optimismus von van het Hof sind die absehbaren Fortschritte beim Impfen. Dadurch seien die gesamtwirtschaftlichen Aussichten für 2021 relativ gut und am Horizont winke voraussichtlich ab dem zweiten Halbjahr ein »Nachhol-Boom« sowie eine deutliche wirtschaftliche Erholung.

Wie erfolgreich bislang die staatlichen Stützungsmaßnahmen sind, darauf hatte kürzlich auch die Chefvolkswirtin der staatlichen Bankengruppe KfW, Fritzi Köhler-Geib, hingewiesen. »Im Januar 2021 haben rund 43.900 Betriebe ihr Gewerbe aufgegeben, ein Jahr zuvor waren es 55.900«, rechnet sie vor. Und im krisengebeutelten Gastgewerbe hätten im Januar 2021 lediglich 2700 Gastwirte und Hoteliers ihren Betrieb aufgegeben, ein Jahr zuvor - also vor Beginn der Pandemie - waren es 4500.

Dennoch sind längst nicht alle Experten so optimistisch wie Euler Hermes. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform und das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) sagten in einer gemeinsamen Untersuchung erst vor wenigen Tagen bereits für die zweite Hälfte dieses Jahres einen »signifikanten Anstieg der Unternehmensinsolvenzen« in Deutschland voraus.

Die Experten stützten sich auf die Auswertung der Bonitätsdaten von etwa 1,5 Millionen Unternehmen. »Dabei zeigte sich, dass insbesondere kleine, finanziell schwache Unternehmen, die unter normalen wirtschaftlichen Umständen mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Insolvenz gegangen wären, ohne Perspektive auf eine erfolgreiche Sanierung durch staatliche Hilfen am Leben gehalten wurden«, sagte Simona Murmann, eine der Autorinnen der Studie. Insgesamt habe sich dadurch ein Rückstau von 25.000 Insolvenzen gebildet.

Auch die Wirtschaftsauskunftei Crifbürgel rechnet noch in diesem Jahr mit einer Insolvenzwelle in Deutschland. Die Zahl der Firmenpleiten könne sich gegenüber 2020 mehr als verdoppeln. Insgesamt 35.500 Firmeninsolvenzen seien möglich, berichtete Crifbürgel-Geschäftsführer Frank Schlein kürzlich in Hamburg.

»Bedingt durch die Corona-Krise haben viele Unternehmen in Deutschland derzeit wirtschaftliche Probleme«, sagte Schlein. Mehr als 300.000 Unternehmen seien aktuell in finanziellen Schwierigkeiten. Neben dem »normalen« Insolvenzgeschehen drohten rund 16.500 zusätzliche Insolvenzen. »Betroffen sind vor allem Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern«, sagte Schlein. (dpa)