Die US-Finanzbehörden haben einen Käufer für die angeschlagene First Republic Bank gefunden. In der Nacht zum Montag gab die Einlagensicherung FDIC bekannt, dass das größte US-Geldhaus JP Morgan Chase sämtliche Kundengelder und den überwiegenden Großteil der Vermögenswerte übernehme. First Republic ist bereits die dritte US-Bank, die in diesem Jahr nach enormen Mittelabzügen aufgrund von Liquiditätssorgen kollabiert.
JP Morgan wurde nach einem Bieterverfahren als Käufer bestimmt. Der Konzern erhält ein Kreditportfolio im Wert von rund 173 Milliarden Dollar von First Republic. Hinzu kommen etwa 92 Milliarden Dollar an Einlagen und 30 Milliarden Dollar an Wertpapieren. Der Zusammenbruch von First Republic stellt den größten US-Bankenkollaps seit dem Untergang des einstigen Kreditriesen Washington Mutual dar, der in der Finanzkrise 2008 ebenfalls von JP Morgan übernommen wurde.
Dritte US-Bank mit Schwierigkeiten
Nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) und der Signature Bank im März hatte es zunächst so ausgesehen, als seien die Turbulenzen überwunden. Doch nachdem First Republic am 24. April das volle Ausmaß der Kapitalflucht offenlegte - Kunden zogen in kurzer Zeit mehr als 100 Milliarden Dollar an Einlagen ab - spitzte sich die Lage in der vergangenen Woche erneut zu. Die Aktie ging in den freien Fall über. Innerhalb von drei Monaten brach sie um knapp 98 Prozent ein.
Das US-Finanzministerium bemühte sich schon länger, unter den größeren Banken des Landes einen Käufer für die strauchelnde Bank zu finden. Die Regulierer drängten auf eine Lösung noch am Wochenende - bevor die internationalen Finanzmärkte am Montag öffnen und sich erneut Panik in der Bankenbranche ausbreiten könnte. Doch das gestaltete sich offenbar schwierig. Erst spätnachts erhielt JP Morgan den Zuschlag.
»Unsere Regierung hat uns und andere aufgefordert, Engagement zu zeigen, und das haben wir getan«, sagte JP-Morgan-Chef Jamie Dimon laut Mitteilung. Der einflussreiche Wall-Street-Boss brach damit ein Tabu - eigentlich wollte er nach schlechten Erfahrungen mit staatlich koordinierten Übernahmen in der Finanzkrise 2008 nie wieder einen kriselnden Rivalen übernehmen. Doch die Situation um First Republic wurde immer kritischer, und als US-Marktführer hat JP Morgan eine große Verantwortung. Die Übernahme soll nicht zuletzt die US-Einlagensicherung schonen, die durch die Pleiten von SVB und Signature Bank strapaziert ist.
Auf Start-up-Firmen spezialisiert
First Republic saß wie SVB, mit deren Schieflage die Krise der US-Regionalbanken im März begann, in Kalifornien und war ebenfalls auf Start-up-Firmen aus der Tech-Branche und reiche Klienten spezialisiert. Dieses Geschäftsmodell erwies sich als problematisch, da Unternehmen und wohlhabende Privatkunden häufig Vermögen auf dem Konto haben, die über der gesetzlichen Versicherungsgrenze von 250 000 Dollar liegen. Hier muss die FDIC eigentlich nicht eingreifen. Die Gefahr plötzlicher und panischer Mittelabzüge ist bei so hohen Einlagen deshalb besonders groß.
First Republic geriet schon nach dem SVB-Kollaps im März unter Druck. Bereits damals gab es eine konzertierte Rettungsaktion. Elf US-Großbanken - darunter Branchenführer JP Morgan Chase, Bank of America, Citigroup und Goldman Sachs - stützten die taumelnde Bank mit unversicherten Einlagen im Volumen von insgesamt 30 Milliarden Dollar. Trotz der Hilfen blieb die Lage prekär. Die nun beschlossene Übernahme erfolgte über den Umweg der FDIC, die First Republic schloss und dann quasi an JP Morgan weiterreichte.
Im Zentrum der jüngsten Bankenturbulenzen in den USA steht das sogenannte Zinsänderungsrisiko. So haben etliche Institute hohe Summen in langlaufende und niedrigverzinste Anleihen gesteckt, die eigentlich zu den sichersten Investments zählen. Da die US-Notenbank die Leitzinsen im Kampf gegen die Inflation rasch und deutlich erhöhte, verloren diese Papiere drastisch an Wert. Das ließ die Bilanzen aus dem Ruder laufen. Das Problem liegt - anders als bei den toxischen Hypothekenpapieren der Finanzkrise 2008 - nicht in hohen und undurchsichtigen Kredit-, sondern in Zinsrisiken.
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