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IWF will globale Wachstumsprognose erneut senken

Der Krieg in der Ukraine bremst das Wachstum der Weltwirtschaft aus. Besonders betroffen sind die Nettoimporteure von Lebensmitteln und Energierohstoffen. Die hohe Inflation macht fast allen zu schaffen.

Kristalina Georgiewa
IWF-Chefin Kristalina Georgiewa spricht auf dem jährlichen Frühjahrstreffen der Weltbank/IWF. Foto: Jose Luis Magana
IWF-Chefin Kristalina Georgiewa spricht auf dem jährlichen Frühjahrstreffen der Weltbank/IWF.
Foto: Jose Luis Magana

Vor allem wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine korrigiert der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft erneut nach unten.

Für 143 Staaten, die zusammen 86 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung repräsentieren, werde die Wachstumsprognose in der kommenden Woche gesenkt, sagte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa. Als weitere Gründe für das schwächere erwartete Wachstum führte sie die hohen Inflationsraten, schwierigere Bedingungen auf den Finanzmärkten und die häufigen und weitgehenden Corona-Lockdowns in China an.

Der IWF hatte seine globale Wachstumsprognose bereits im Januar infolge der Omikron-Welle der Corona-Pandemie um 0,5 Prozentpunkte auf 4,4 Prozent gesenkt. Die neue Prognose soll am Dienstag im Rahmen der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank in Washington vorgestellt werden.

Georgiewa betonte, die Herabstufung der Wachstumsprognose treffe Staaten in sehr unterschiedlichen Ausmaß. Für die Ukraine sei mit »katastrophalen wirtschaftlichen Einbußen« zu rechnen, für Russland mit einem »starken Einbruch«. Viele andere Länder sähen sich wegen des Kriegs Störungen der Handelsbeziehungen und Verzerrungen der Rohstoffmärkte ausgesetzt.

Insgesamt würden die Erwartungen für die meisten Nettoimporteure von Nahrungsmitteln und Energierohstoffen gesenkt - »in Afrika, dem Nahen Osten, Asien, Europa«, sagte Georgiewa. Für viele Länder werde es jetzt noch länger dauern, auf den Wachstumspfad von vor der Corona-Pandemie zurückzukommen.

Die höheren Preise für Energie und Lebensmittel heizten die Inflation weiter an, was »rund um die Welt« die Kaufkraft der Menschen schwäche. »Hunderte Millionen Familien hatten schon mit geringeren Einkommen und höheren Preisen für Energie und Lebensmittel zu kämpfen. Der Krieg hat die deutlich verschlimmert und er droht, die Ungleichheit weiter zu verstärken«, sagte Georgiewa.

Auch der weitere wirtschaftliche Ausblick sei »außergewöhnlich unsicher«, sagte die IWF-Chefin weiter. »Der Krieg und Sanktionen könnten eskalieren. Es könnte neue Covid-Varianten geben. Ernten könnten ausfallen.« Russland und die Ukraine hätten vor dem Krieg rund 28 Prozent der globalen Weizenexporte gestellt, Russland und Belarus 40 Prozent des wichtigen Düngemittels Kalisalz.

Die Versorgung mit Nahrungsmitteln sei daher Anlass zu »großer Sorge«. Die internationale Gemeinschaft müsse jetzt handeln, um betroffene Länder - vor allem in Afrika und dem Nahen Osten - zu unterstützen, mahnte Georgiewa. »Die Alternative ist schrecklich: mehr Hunger, mehr Armut und mehr soziale Unruhen - vor allem in Ländern, die sich seit Jahren bemüht haben, Instabilität und Konflikt hinter sich zu lassen.«

Neben den Folgen des Kriegs und der Pandemie müsse die Weltwirtschaft noch eine deutlich höhere Inflationsrate verkraften. »Zum ersten Mal seit vielen Jahren ist die Inflation für viele Länder weltweit eine klare und präsente Gefahr geworden. Das ist ein massiver Rückschlag für die Erholung der globalen Wirtschaft«, sagte Georgiewa.

Auch Weltbank-Präsident David Malpass warnte angesichts der steigenden Preise vor einer dramatischen Verschlechterung der Lebensbedingungen in Entwicklungsländern. »Die hohe Inflation ist für viele ärmere Staaten eine wirtschaftliche und soziale Katastrophe«, sagte er der »Wirtschaftswoche«. Je ärmer ein Land sei, desto schlechter könne es sich vor steigenden Preisen schützen.

Malpass forderte deshalb einen weitreichenden Schuldenerlass für die ärmsten Länder. »Der Krieg in der Ukraine sollte jetzt zu einem Umdenken in den reichen Ländern führen. Wir müssen die armen Staaten von ihren erdrückenden Schulden befreien.« Teurere Rohstoffimporte trieben in den Entwicklungsländern derzeit die Verschuldung nach oben. Verstärkt werde das noch durch die steigenden Zinsen.

© dpa-infocom, dpa:220414-99-920737/4