Das Ifo-Institut hat seine Konjunkturprognose für die deutsche Wirtschaft wegen des Ukraine-Kriegs erneut gesenkt. Das Bruttoinlandsprodukt wird nach Einschätzung der Münchner Ökonomen in diesem Jahr um 2,5 Prozent zulegen, schwächer als die noch im März erwarteten 3,1 Prozent.
Kräftig steigen wird laut Ifo stattdessen die Inflation auf eine Rate von 6,8 Prozent - im Frühjahr war das Institut in seinem Basisszenario noch von 5,1 Prozent ausgegangen.
Rückgang der Rohstoffpreise erwartet
Nach zwei Corona-Jahren steht Deutschland immer noch schwächer da als vor Beginn der Pandemie: »Die Wirtschaftsleistung liegt derzeit noch immer ein Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau von Ende 2019«, sagte Ifo-Konjunkturforscher Timo Wollmershäuser am Mittwoch laut Mitteilung.
Ungeachtet der verzögerten wirtschaftlichen Erholung geht das Ifo-Institut weiter von einem arbeitnehmerfreundlichen Arbeitsmarkt aus: Die Zahl der Arbeitslosen dürfte demnach in diesem Jahr von 2,6 auf 2,3 Millionen sinken, die Arbeitslosenquote damit von 5,7 auf 5,0 Prozent zurückgehen.
Für die zweite Jahreshälfte erwartet das Ifo-Institut einen allmählichen Rückgang der Rohstoffpreise ebenso wie der Lieferengpässe. Optimistisch sind Wollmershäuser und seine Kollegen für das nächste Jahr: Das Wirtschaftswachstum könnte demnach mit 3,7 Prozent sehr kräftig ausfallen, die Inflation dagegen wieder auf 3,3 Prozent sinken.
Lieferengpässe belasten deutsche Wirtschaft
Auch das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) hält seine gedämpften Wachstumserwartungen für 2022 aufrecht. Im laufenden Jahr trauen die Ökonomen der deutschen Wirtschaft weiterhin ein Wachstum von 2,1 Prozent zu, wie das IfW am Mittwoch mitteilte. Im März hatte das Institut seine Erwartungen angesichts steigender Energiepreise infolge des Krieges in der Ukraine von 4,0 auf 2,1 Prozent gestutzt. Im Vergleich zum März verringern die Experten aber ihre Wachstumporgnose für das kommende Jahr von 3,5 auf 3,3 Prozent.
»Die Auftriebskräfte der deutschen Wirtschaft sind zwar intakt, wirken nun aber mit deutlich verringerter Stärke«, sagte IfW-Konjunkturchef Stefan Kooths. Der Prognose zufolge belasten verstärkte Lieferengpässe aufgrund neuerlicher Lockdowns in China den Aufschwung der deutschen Wirtschaft. Diese werde im zweiten Halbjahr kaum mehr als stagnieren.
Unter dem starken Preisanstieg leiden die Verbraucher. Die Ökonomen des Kieler Instituts rechnen nun mit einem Inflationsrate von 7,4 Prozent im laufenden Jahr, noch einmal höher als im März (5,8 Prozent) und deutlich über den Preissteigerungen während der Ölkrise in den 70er Jahren. Für 2023 erwarten sie 4,2 Prozent.
© dpa-infocom, dpa:220615-99-672293/3