Logo
Aktuell Wirtschaft

Habeck will Zusammenarbeit mit Indien ausbauen

Asien ist mehr als China - das soll künftig zunehmend auch für die deutsche Wirtschaft gelten. Das einwohnerstärkste Land der Welt ist aber kein leichter Partner.

Robert Habeck
Robert Habeck auf dem Weg zu einer Maschine der Flugbereitschaft, um nach Indien zu reisen. Foto: Britta Pedersen/DPA
Robert Habeck auf dem Weg zu einer Maschine der Flugbereitschaft, um nach Indien zu reisen.
Foto: Britta Pedersen/DPA

Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck strebt eine engere Zusammenarbeit Deutschlands mit Indien an. Das Land sei mit über 1,4 Milliarden Menschen mittlerweile das einwohnerstärkste Land der Welt und damit ein starker Wachstumsmarkt im indopazifischen Raum, sagte der Grünen-Politiker vor Beginn einer dreitägigen Reise nach Indien.

Der Besuch stehe damit auch im Zeichen von mehr Widerstandsfähigkeit und mehr Diversifizierung: »Eine engere Zusammenarbeit gerade bei Erneuerbaren Energien und grünem Wasserstoff birgt viel Potenzial für beide Seiten und kann unsere Resilienz und Wirtschaftssicherheit erhöhen.« Die deutsche Wirtschaft sieht große Potenziale in Indien. Verbände wiesen aber zugleich auf Probleme für deutsche Firmen hin.

Deutschland ist auch als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und früherer Abhängigkeiten von Russland bei Gaslieferungen bemüht, Lieferwege breiter aufzustellen. In Asien sollen neben China auch andere Märkte wie Indien mehr in den Blick genommen werden. Die Bundesregierung sieht in Indien viel Potenzial für eine vertiefte Kooperation bei der Energiewende. »Wir wollen ja die deutschen Handelsbeziehungen breiter aufstellen. Breiter aufstellen heißt, nicht immer nur nach China zu schauen«, sagte Habeck.

Freihandelsabkommen im Blick

Der Minister hofft auf Fortschritte bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indien. »Das ist sehr viel komplizierter als mit anderen Regionen der Welt«, sagte Habeck vor dem Abflug. Indien schütze traditionell eher seinen Markt, die Investitionsbedingungen dort seien manchmal komplizierter.

»Wenn man sieht, welche Dynamik wir entfachen konnten auf europäischer Ebene, neue Formen von Freihandelsabkommen zu schließen, dann wäre bis Ende des Jahres sicherlich zu erwarten, dass es ordentliche Fortschritte gibt«, sagte der Minister. Ob es dann wirklich abgeschlossen sein werde oder ein halbes Jahr länger dauere, werde man sehen: »Wir reden über einen Zeitraum, der in diese Legislatur fällt.«

Noch viel Gesprächsbedarf

Der Nachrichtenseite ntv.de sagte Habeck, Deutschland und Europa müssten sich im Wettbewerb mit China und den USA behaupten und bräuchten daher Partner. Der Minister hofft auf Fortschritte bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indien. Es gebe jedoch noch viel Gesprächsbedarf.

»Es ist aber nicht so, dass Indien mit wehenden Fahnen versucht, Premiumpartner des Westens zu werden«, sagte Habeck auch mit Blick auf das gute Verhältnis zwischen Indien und Russland. »Die Beziehung zu Indien ist wichtig, aber eben auch kompliziert«, so Habeck. »Dass Indien durch seine hohen Ölimporte aus Russland aktiv von den Sanktionen gegen Russland und der Gesamtlage profitiert, finde ich nicht richtig«.

Habeck fliegt am Mittwoch zunächst in die indische Hauptstadt Neu Delhi, wo am Donnerstag Gespräche mit indischen Regierungsvertretern auf dem Programm stehen. Von dort geht es weiter nach Mumbai. Am Samstag wird Habeck am G20-Energieministertreffen in Goa teilnehmen. Indien hat derzeit die Präsidentschaft der G20-Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer inne.

Attraktive Geschäftsmöglichkeiten

Der Bundesverband der Deutschen Industrie erwartet, dass Habeck als »starker Befürworter« eines Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indien auftritt. Indien erhebe in mehreren Sektoren weiterhin hohe Zölle auf Waren aus Europa, sagte Wolfgang Niedermark, Mitglied der Hauptgeschäftsführung, der Deutschen Presse-Agentur. Indien biete angesichts der Größe des Marktes, des anhaltend hohen Wirtschaftswachstums und einer stetig wachsenden kaufkräftigen Mittelschicht attraktive Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen. Es gebe aber strukturelle Problemen wie Korruption, überbordende Bürokratie und Mängel in der Infrastruktur.

Kirsten Schoder-Steinmüller, Vizepräsidentin der Deutsche Industrie- und Handelskammer, sagte, die Produktion deutscher Unternehmen in Indien werde in den nächsten Jahren sowohl für den lokalen Markt wie für den Export in andere Länder und Regionen an Bedeutung gewinnen. »Allerdings stehen Investoren in Indien immer noch vor großen Herausforderungen: Allen voran Bürokratie und ein komplexes regulatorisches Umfeld. Hier hat Indien weiterhin große Nachteile gegenüber einem wirtschaftlichen Engagement in China.«

Habeck wird von Bundestagsabgeordneten sowie einer Wirtschaftsdelegation begleitet. Mit dabei ist auch Henning Rath, Geschäftsführer des Start-ups Enpal, das Solaranlagen vertreibt. »Wir wollen unsere Lieferketten diversifizieren«, sagte Rath. Indien sei als Partner für die Solarindustrie sehr interessant.

© dpa-infocom, dpa:230719-99-450624/6