Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will der Solarenergie in Deutschland einen kräftigen Schub geben. Der Ausbau der Photovoltaik soll mit einem Maßnahmenpaket erheblich beschleunigt werden. Geplant sind einfachere Regeln, von denen auch Verbraucher durch günstigere Strompreise profitieren sollen. Habeck legte nach einem erneuten »Photovoltaik-Gipfel« mit Vertretern der Branche in Berlin eine Strategie vor. »Photovoltaik ist einer der günstigsten Energieträger überhaupt und gehört zu den wichtigsten Stromerzeugungsquellen der Zukunft«, sagte Habeck. Die Strategie wird nun innerhalb der Bundesregierung beraten.
Ein erster Gipfel hatte im März stattgefunden. Der Bundesverband Solarwirtschaft begrüßte die Strategie. Nur mit einem konsequenten Abbau von Investitionsbarrieren werde der Photovoltaik-Anteil in den kommenden zehn Jahren von derzeit gut 10 Prozent auf 30 Prozent steigen können. Der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Carsten Körnig, sagte: »Wir brauchen überall Lichtgeschwindigkeit.«
Mehr Solarstrom
Bis 2030 soll nach den Plänen der Bundesregierung der Anteil des Ökostroms aus Wind und Sonne am Bruttostromverbrauch bei 80 Prozent liegen. Derzeit ist es etwa die Hälfte. Der Strombedarf dürfte enorm steigen, durch Millionen von Elektroautos und Wärmepumpen. Eine zentrale Rolle soll die Windkraft an Land spielen - dort plant Habeck eine neue Strategie, um den Ausbau weiter voranzutreiben. Bei der Photovoltaik (PV) soll bis 2030 der jährliche Ausbau verdreifacht werden - je zur Hälfte auf dem Dach und Freiflächenanlagen.
Solaranlagen auf Dächern
Eine bundesweite Pflicht soll es nicht geben, aber eine Solaranlage auf dem Dach soll künftig zum Regelfall werden. Dazu sollen Anreize verstärkt und bürokratische Hemmnisse abgebaut werden. In der Strategie heißt es, viele private Dachanlagen würden mit dem Ziel betrieben, einen möglichst hohen Anteil des Stroms selbst zu nutzen - die PV-Anlage könne auch zum Beispiel das Elektroauto mit Strom versorgen. Zudem besteht die Möglichkeit, den selbst erzeugten Strom vollständig oder teilweise in das Netz einzuspeisen und hierfür eine Vergütung zu erhalten. Diese wurde bereits angehoben.
Künftig soll die Direktvermarktung flexibler gemacht werden, das soll sich vor allem an Gewerbebetriebe richten. Für Haushalte soll die Förderung einer PV-Anlage im Garten erleichtert werden. Zudem will das Ministerium eine weitere Senkung von Abstandsvorgaben prüfen, damit insbesondere bei Reihenhäusern im Durchschnitt mehr PV-Module auf dem Dach möglich werden.
Verbesserungen sind zudem bei Mehrfamilienhäusern geplant. Deren Dächer würden noch viel zu wenig für PV genutzt. Deswegen soll es nun ein neues Modell zur gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung geben, um die Eigennutzung von Solarstrom für alle Parteien im Haus zu ermöglichen.
Mieterstrom vom eigenen Dach
Das Konzept für sogenannten Mieterstrom soll verbessert werden. Das ist Strom, der von Solaranlagen auf dem Dach eines Gebäudes erzeugt und von dort direkt an Verbraucher in diesem Gebäude oder im selben Quartier geliefert und verbraucht wird. Mieterstromkonzepte könnten wichtige Anreize für den weiteren Zubau von PV-Dachanlagen setzen, heißt es in der Strategie. Dies sei für Mietende ohne eigene Immobilie eine Möglichkeit, an der Energiewende teilzuhaben.
Bisher leiste der geförderte PV-Mieterstrom aber einen deutlich geringeren Beitrag zum PV-Ausbau als erwartet, hieß es. Das Modell werde bislang vor allem in größeren Wohngebäuden ab etwa 15 Wohneinheiten genutzt. Anbieter der Mieterstromtarife seien oftmals bestehende Stromversorger, dagegen kaum Vermieter. Als Folge werde Mieterstrom gerade in kleineren Mehrparteiengebäuden selten umgesetzt, weil die rechtlichen Hürden zu hoch seien. Das soll sich nun ändern.
Mehr Balkonkraftwerke
Für mehr kleine Photovoltaikanlagen für den Balkon sollen technische und bürokratische Hürden abgebaut werden. Die Anlagen sollen schnell angeschlossen werden können. Balkonkraftwerke sind Solarstromanlagen, die typischerweise aus zwei Modulen und einem Wechselrichter bestehen. Sie können einfach aufgebaut werden und speisen ihre Energie in der Regel nur in das Hausnetz ein. Sie benötigen wenig Platz und werden etwa an der Balkonbrüstung befestigt.
Freiflächenanlagen stärker ausbauen
Die Hälfte des künftigen Zubaus soll auf Freiflächen geschehen, also etwa auf Feldern. Dafür müssten ausreichend Flächen zur Verfügung stehen und Planungs- und Genehmigungsverfahren schneller werden, so das Ministerium.
Der Deutsche Bauernverband hatte allerdings bereits gefordert, beim PV-Ausbau vorrangig auf Dächer und Gebäuden zu setzen. Ertragreiche Landwirtschaftsflächen müssten geschützt werden. Der ländliche Raum dürfe nicht verbaut werden, um für die Städte Strom zu produzieren.
Habeck betonte Möglichkeiten, Flächen unter der Solaranlage für Naturschutz zu nutzen sowie für die landwirtschaftliche Nutzung. Stärker genutzt werden sogenannte Agri-PV-Anlagen. Sie sollen die zeitgleiche Nutzung einer Fläche für die Photovoltaik als auch für die Landwirtschaft und den Gartenbau möglich machen. Zudem soll es mehr Freiflächenanlagen an Autobahnen und Bahnstrecken geben.
© dpa-infocom, dpa:230505-99-573428/4