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Gehälter der Dax-Vorstände deutlich gestiegen

Knapp 4 Millionen Euro verdienen Vorstände von Dax-Konzernen im Schnitt. Das ist ein Vielfaches dessen, was durchschnittliche Beschäftigte bekommen. Das Gehaltsgefälle vergrößert sich deutlich.

Steve Angel
Bestbezahlter Mann im Dax: Der ehemalige Linde-Chef Steve Angel bekam im vergangenen Jahr 19 Millionen Euro und lag damit an der Spitze der 40 Unternehmen in der deutschen Börsen-Oberliga. Foto: Lino Mirgeler
Bestbezahlter Mann im Dax: Der ehemalige Linde-Chef Steve Angel bekam im vergangenen Jahr 19 Millionen Euro und lag damit an der Spitze der 40 Unternehmen in der deutschen Börsen-Oberliga.
Foto: Lino Mirgeler

Die Gehaltsschere zwischen Topmanagern und ihren Beschäftigten in den Dax-Konzernen ist im vergangenen Jahr weit auseinander gegangen. Nach einem kräftigen Gehaltsplus verdienten die Vorstände der Börsenschwergewichte 2021 im Schnitt 53 Mal so viel wie ihre durchschnittlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das geht aus einer Auswertung der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und der Technischen Universität München hervor. Im Jahr 2020 war es noch das 47-Fache.

»Der Gehaltsanstieg wurde getrieben durch die Explosion der Gewinne im abgelaufenen Geschäftsjahr«, erläuterte Wissenschaftler Gunther Friedl von der Technischen Universität München. Der Abstand zu ihren durchschnittlichen Beschäftigen sei in den vergangenen zehn Jahren relativ konstant geblieben. »Da sehen wir jetzt mit dem Faktor 53 einen deutlichen Anstieg.«

»Da ist Brisanz drin«

Noch ist nicht absehbar wie sich die Geschäfte der Konzerne und die Vergütung ihrer Topmanager angesichts der wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges entwickeln. DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler mahnte allerdings: »Wir kommen in eine Phase, in der Vorstände und Aufsichtsräte Gefahr laufen, dass sich etwas auseinanderdividiert.« Nach seiner Einschätzung ist »wahnsinnige Brisanz drin, wenn es den Leute schlecht geht und die Vergütungen steigen, dann haben wir Diskussionen«.

Die Gehälter der Dax-Vorstände einschließlich der Konzernchefs stiegen den Angaben zufolge im vergangenen Jahr um 24 Prozent auf durchschnittlich 3,9 Millionen Euro. Nach einem Gewinneinbruch im Corona-Krisenjahr 2020, in dem Vorstände teilweise auf einen Teil ihres Festgehaltes verzichtet hatten, erwirtschafteten die 40 Unternehmen der obersten deutschen Börsenliga den Angaben zufolge 2021 in der Summe einen Rekordgewinn. Der operative Gewinn sei um 122 Prozent auf zusammengerechnet rund 169,9 Milliarden Euro gestiegen.

Ehemaliger Linde-Chef verdiente am meisten

Topverdiener im Dax war mit 19 Millionen Euro der Auswertung zufolge Linde-Chef Steve Angel, der 2022 in den Aufsichtsrat des Gasekonzern wechselte. Der in diesem Jahr ausgeschiedene VW-Chef Herbert Diess kam mit 12 Millionen demnach auf Rang zwei, gefolgt vom SAP-Lenker Christian Klein mit 9 Millionen Euro. Am Ende der Dax-40-Rangliste rangierten mit einem Durchschnittswert von jeweils 78.000 Euro die Chefs des Online-Modehändlers Zalando, David Schneider und Robert Gentz. Sie verdienten in der Vergangenheit vor allem an Aktienoptionen, die nicht eingerechnet sind. Die Studie umfasst das Festgehalt sowie kurz- und langfristige variable Vergütung, die unter anderem an den Unternehmenserfolg gekoppelt sind.

Im Schnitt kassierten die Vorstandschefs der Dax-Unternehmen 6,1 Millionen Euro und damit deutlich mehr als die anderen Mitglieder des Führungsgemiums, deren durchschnittliche Vergütung sich auf 3,5 Millionen Euro belief.

Im internationalen Vergleich wirken die Summen teilweise fast bescheiden: So kassierten Vorstandschefs der im US-Börsenindex Dow Jones gelisteten 30 Unternehmen den Angaben zufolge im vergangenen Jahr umgerechnet durchschnittlich rund 27,3 Millionen Euro - bei einem Anstieg im Vergleich zum Vorjahr um 41,3 Prozent.

»Kaum durchschaubarer Datendschungel« statt Transparenz

Scharf kritisierten die DSW-Aktionärsvertreter, dass bei der Umsetzung neuer Regelungen in die Praxis die Transparenz der Vergütungsberichte auf der Strecke geblieben sei. »Statt gestiegener Transparenz und besserer Vergleichbarkeit auf Grundlage eines «klaren und verständlichen» Vergütungsberichts - immerhin die gesetzliche Anforderung - sehen wir uns einem kaum durchschaubaren Datendschungel gegenüber, den ein verständiger Durchschnittsaktionär sicher nicht mehr durchblicken kann«, sagte Tüngler.

Nach Einschätzung des Beratungsunternehmens hkp Group erschweren vor allem die gesetzlichen Regelungen die Vergleichbarkeit. »Es wurde der deutsche und zugleich weltweit führende Standard bei Transparenz und Vergleichbarkeit von Top-Management-Vergütungen zerschlagen. Die Scherben müssen die Unternehmen jetzt zusammenkehren«, kritisierte Michael Kramarsch, Partner bei dem Beratungsunternehmen, jüngst.

Zu den Vorstandsvergütungen gibt es verschiedene Studien, deren Ergebnisse wegen unterschiedlicher Berechnungsmethoden teils voneinander abweichen. So belief sich die Vergütung der Dax-Vorstandschefs im vergangenen Jahr nach einer hkp-Auswertung auf durchschnittlich rund 8,3 Millionen Euro - allerdings einschließlich der Leistungen für die Altersversorgung.

Die DSW legt die Studie seit dem Jahr 2000 regelmäßig vor. Berücksichtigt wurde bei dem Vergleich die Erweiterung des Dax im vergangenen September von 30 auf 40 Unternehmen.

© dpa-infocom, dpa:220928-99-930105/2