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»Frühlingserwachen beim Export bleibt aus«

Die Ausfuhren »Made in Germany« schwächeln im Mai. Ob der Export in diesem Jahr seine Rolle als Stütze der deutschen Konjunktur erfüllen kann, ist aus Sicht von Volkswirten fraglich.

Container-Terminal Burchardkai
Größter Einzelmarkt für Waren »Made in Germany« waren mit 12,7 Milliarden Euro auch im Mai 2023 die USA. Foto: Christian Charisius/DPA
Größter Einzelmarkt für Waren »Made in Germany« waren mit 12,7 Milliarden Euro auch im Mai 2023 die USA.
Foto: Christian Charisius/DPA

Deutschlands Exporteure bekommen die Zurückhaltung von Kunden auf wichtigen Märkten zu spüren. Die Ausfuhren sanken im Mai zum Vormonat um 0,1 Prozent und zum Vorjahresmonat um 0,7 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte. Volkswirte sehen in dem - wenn auch leichten - Rückgang kein gutes Zeichen. Es sei zu befürchten »dass sich die solide Exportentwicklung in diesem Jahr ihrem Ende zuneigt«, sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Der Export könnte damit als eine wichtige Stütze der deutschen Konjunktur ausfallen.

»Ein Frühlingserwachen bei der Exportwirtschaft ist leider ausgeblieben«, sagte Volker Treier, Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). »Das Auftragspolster in der deutschen Industrie wird dünner.« Noch immer hohe Inflationsraten und das gestiegene Zinsniveau in vielen Märkten dämpften das Auslandsgeschäft. Hinzu komme die durchwachsene Konjunkturentwicklung unter anderem in der EU, den USA und China, die die Auslandsnachfrage nach Produkten »Made in Germany« schwächten.

Waren im Wert von 130,5 Milliarden Euro

Insgesamt exportierte Deutschland den vorläufigen Daten zufolge im Mai Waren im Wert von 130,5 Milliarden Euro. In den ersten fünf Monaten stiegen die Ausfuhren gegenüber dem Vorjahreszeitraum kalender- und saisonbereinigt um 4,5 Prozent auf 659,3 Milliarden Euro.

Die Exporte in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) verringerten sich im Mai gegenüber dem Vormonat um 1,5 Prozent auf 70,3 Milliarden Euro. Größter Einzelmarkt waren mit 12,7 Milliarden Euro erneut die USA. Die Ausfuhren in die größte Volkswirtschaft der Welt sanken zum Vormonat um 3,6 Prozent. Die Exporte nach China stiegen in diesem Zeitraum dagegen um 1,6 Prozent auf 8,6 Milliarden Euro.

Volkswirt Gitzel wies auf den seit geraumer Zeit schwachen Auftragseingang in der deutschen Industrie hin. »Weniger Aufträge, das heißt am Ende auch weniger Export.« Damit erhärte sich der Verdacht, dass aus einer konjunkturellen Erholung vorerst nichts werde.

Rezession nicht ausgeschlossen

Nach Einschätzung von ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski ist der Handel »nicht mehr der starke, robuste Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft, der er einmal war, sondern eher eine Belastung«. Der Export zählt neben dem Privatkonsum und dem Bau zu den wichtigen Konjunkturstützen in Europas größter Volkswirtschaft. Auch weil Privatkonsum und Bau schwächeln, rechnen viele Volkswirte inzwischen damit, dass die deutsche Wirtschaft im Gesamtjahr schrumpft könnte - also in eine Rezession rutscht.

Nach Deutschland eingeführt wurden im Mai Waren im Wert von 116,1 Milliarden Euro. Zum Vormonat wurde ein Anstieg von 1,7 Prozent verzeichnet. Gegenüber Mai 2022 sanken die Importe um 8,6 Prozent.

Im Gesamtjahr 2022 hatte der deutsche Außenhandel auch wegen teils deutlicher Preiserhöhungen ein Rekordergebnis erzielt. Diese trieben den Wert der Ausfuhren wie der Einfuhren nach oben. Genau beziffern lassen sich die Effekte nicht, da die Statistiker keine preisbereinigten Daten zum Außenhandel erheben.

© dpa-infocom, dpa:230704-99-276977/3