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Frühere Kündigungsregel bei Parship teilweise unwirksam

Wer sich bei Parship schnell verliebt, muss oft noch längere Zeit Geld an die Plattform zahlen. Das Hanseatische Oberlandesgericht setzt dem nun eine Grenze - und erklärt, was Handynutzer von Verliebten unterscheidet.

Parship
Die App der Online-Partnervermittlung Parship auf einem Smartphone. Foto: Sina Schuldt/DPA
Die App der Online-Partnervermittlung Parship auf einem Smartphone.
Foto: Sina Schuldt/DPA

Im Streit um die Kündigungsmöglichkeiten bei der Dating-Plattform Parship hat das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg eine bis Anfang vergangenen Jahres geltende Klausel für teilweise unwirksam erklärt.

Betroffen sind sechs- oder zwölfmonatige Verträge von zahlenden Kunden, die sich automatisch um ein volles Jahr verlängerten, sofern sie nicht zwölf Wochen vor Ablauf gekündigt wurden. Das schränke die Freiheit der Verbraucher zu sehr ein, erklärte Gerichtssprecherin Christina Schachten nach der Urteilsverkündung am Donnerstag. Die automatische Verlängerung um ein Jahr bei Verträgen mit einer Laufzeit von 24 Monaten beanstandete der Zivilsenat nicht.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte eine Musterfeststellungsklage im Namen von 29 Parship-Kunden erhoben, der sich mehr als 1200 weitere Verbraucher anschlossen. »Es ist ein großer Erfolg für die Nutzerinnen und Nutzer von Parship, dass das Gericht die Vertragsverlängerungen größtenteils für unzulässig erklärt hat«, sagte Henning Fischer, Referent im Team Musterfeststellungsklagen beim Bundesverband. Für die Verbraucher gehe es oft um mehrere hundert Euro.

Bei der Entscheidung zur automatischen Vertragsverlängerung habe für das Gericht auch der Aspekt der Erfolgsbezogenheit eine Rolle gespielt, sagte Schachten. Ein Kunde brauche den Vertrag nicht mehr, wenn er über die Online-Agentur einen Partner gefunden habe. Das sei anders als etwa bei einem Mobilfunkvertrag, den man meist nur kündige, um den Anbieter zu wechseln. Bereits in der mündlichen Verhandlung am 21. September hatte der Berichterstatter des Zivilsenats, Stefan Schilling, erklärt: »Das ist sehr individuell, wann sich jemand erfolgreich verliebt fühlt.« Es sei schwer vorstellbar, dass ein Nutzer danach noch auf der Plattform bleiben wolle.

Im Februar 2022 hatte Parship aufgrund einer neuen Gesetzeslage seine Geschäftsbedingungen geändert. Nach der automatischen Verlängerung bei nicht fristgerechter Kündigung kann die Mitgliedschaft nun monatlich beendet werden. Dass für die Suche nach Liebe überhaupt Geld bezahlt werden muss, erklärt Parship auf seiner Internetseite so: »Eine seriöse Kontaktbörse kostet Geld, denn Matching-Verfahren, Profilprüfungen und Datensicherheit können nur über eine Bezahlung gewährleistet werden.«

Urteil noch nicht rechtskräftig

Die Musterfeststellungsklage richtete sich nicht nur gegen die Kündigungsklausel bei Parship. Nach Auffassung der Verbraucherzentralen sollen Kunden jederzeit fristlos kündigen dürfen. Habe ein Kunde das Gefühl, seine Daten seien bei der Vermittlungsagentur nicht mehr in guten Händen, sei ein längeres Festhalten am Vertrag unzumutbar, argumentierte der Bundesverband, der sich dabei auf einen Paragrafen im Bürgerlichen Gesetzbuch berief.

Die beiden Feststellungsanträge zu diesem Punkt wies das Oberlandesgericht aber zurück. Eine Dating-Plattform sei kein sogenannter Dienst höherer Art, wie etwa eine medizinische Behandlung, die man jederzeit kündigen könne, erklärte Schachten. Zudem habe der Bundesgerichtshof bereits im Juni 2021 entschieden, dass es sich bei Parship nicht um eine klassische Heiratsvermittlung mit Karteikarten handele. Die Partnervorschläge basierten auf Algorithmen.

Fischer sagte dagegen, die Dating-Plattform erfrage viele sehr private Informationen von den Nutzern. Es müsse ihnen darum das Recht auf eine fristlose Kündigung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch zustehen. Für die Offline-Partnervermittlung sei das anerkannt, aber für Online-Angebote noch nicht höchstrichterlich geklärt. Der Bundesverband werde darum eine Revision prüfen, sobald die Urteilsgründe vorlägen.

Parship begrüßte die Entscheidung des Gerichts. Es folge in wesentlichen Punkten der Rechtsauffassung des Hamburger Unternehmens. »Die Ausführungen des Gerichts unterstreichen, dass das digitale Angebot von Dating-Plattformen nicht mit der Dienstleistung klassischer «Offline»-Heiratsvermittler (...) vergleichbar ist«, erklärte Unternehmenssprecherin Jeannine Michèle Kock. Ob Parship das Urteil akzeptieren werde, konnte Kock noch nicht sagen.

Weil die Klage zum überwiegenden Teil zurückgewiesen wurde, müssen die Verbraucherzentralen zwei Drittel der Verfahrenskosten tragen, Parship aber nur ein Drittel. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, würden die Kläger nicht automatisch Geld von Parship zurückbekommen, erläuterte Schachten. Sie müssten ihre Ansprüche dann in individuellen Klagen beim Amtsgericht geltend machen. Parship gehört wie Elitepartner und Lovoo zum Online-Dating-Angebot des Medienkonzerns ProSiebenSat.1.

© dpa-infocom, dpa:231026-99-709608/4