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Flugtickets: Weiter Streit um Vorkasse-Praxis

Bislang müssen Flugtickets sofort bei der Buchung voll bezahlt werden. Verbraucherschützer sowie Landespolitiker dringen schon länger auf eine Abschaffung. Nicht nur Airlines sind skeptisch.

Abflüge
Der Streit um die Vorauskasse bei Flugtickets dauert an. Foto: Judith Michaelis
Der Streit um die Vorauskasse bei Flugtickets dauert an.
Foto: Judith Michaelis

Verbraucherschützer pochen angesichts der Häufung von Beschwerden über Airlines weiter auf eine Reform des Vorkasse bei Flugreisen. Bislang ist es üblich, dass Kunden ihre Tickets bereits bei der Buchung und damit oft Monate im Voraus voll bezahlen müssen. »Die unfaire Vorkasse-Praxis bei Flugtickets muss verändert werden«, sagte die Mobilitätsexpertin der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Marion Jungbluth, dem »Handelsblatt«. »Damit nicht allein der Fluggast durch die Vorauszahlung das Risiko der Airline-Insolvenz tragen muss, ist für den beiderseitigen Interessenausgleich maximal eine Anzahlung bei der Flugbuchung gerechtfertigt«, betonte die Expertin.

Eine Allianz aus Verbraucherschützern und Landespolitikern will diese Vorkasse schon seit längerem abschaffen. Das Land Niedersachsen hatte im Bundesrat einen entsprechenden Antrag gestellt. Flugausfälle gingen fast immer zulasten der Passagiere. Diese müssten sich im Fall einer Stornierung mühsam und teils langwierig um eine Rückerstattung bemühen, argumentierte die Landesregierung. Hintergrund waren die vielen Flugstornierungen im Sommer aufgrund von Personalengpässen.

Branchenverband plädiert für Planungssicherheit

Die Branche lehnt die Abkehr von der Vorkasse ab. Der Branchenverband BDL argumentiert unter anderem, mit dem vorab eingenommenen Geld erreichten die Fluggesellschaften eine größere Planungssicherheit und könnten die Maschinen optimal auslasten, was auch positiv für das Klima sei. Auch wird auf international übliche Abrechnungsverfahren verwiesen. Kunden könnten zudem von Frühbucherrabatten profitieren.

vzbv-Expertin Jungbluth hatte in der Vergangenheit kritisiert, »Passagiere sind es leid, den Airlines zinslose Kredite zu geben, bei abgesagten Flügen auf den Kosten sitzen zu bleiben oder im schlimmsten Fall das Risiko einer Insolvenz tragen zu müssen«. Gezahlt werden solle künftig erst beim Check-in. Im »Handelsblatt« verlangte sie jetzt zudem eine Absicherung der vorausbezahlten Kundengelder für den Fall, dass eine Fluggesellschaft in die Insolvenz rutschen sollte: »Die Bundesregierung muss hier nachjustieren und Airlines gesetzlich verpflichten, eine Insolvenzversicherung zugunsten der vorausbezahlten Kundengelder abzuschließen«, sagte sie.

Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Stefan Gelbhaar, sagte dem »Handelsblatt«, das Vorkasse-Prinzip spiele für die Planbarkeit von Flügen eine gewisse Rolle. »Wirksamer ist es, die Entschädigungsregeln für die Fluggäste deutlich zu verbessern.« Künftig müsse die Entschädigung von Flugreisenden digital, automatisiert und unbürokratisch erfolgen, um eine echte Wirkung zu entfalten. »Gleichfalls muss die Höhe der Entschädigung überprüft und angepasst werden«, sagte Gelbhaar.

Das bisherige System hat der Bundesgerichtshof zuletzt 2016 für rechtens erklärt. Die Richter verwiesen auf die EU-Fluggastverordnung, die Verbraucher ausreichend schütze. Mögliche Zinsnachteile der Kunden würden regelmäßig durch Preisvorteile bei frühen Buchungen ausgeglichen.

© dpa-infocom, dpa:221224-99-11111/3