Die US-Notenbank Fed erhöht im Kampf gegen die hohe Inflation den Leitzins zum zehnten Mal in Folge und hält ihren geldpolitischen Kurs offen. Mit einem erneuten Zinssprung um 0,25 Prozentpunkte liegt der Leitzins nun in der Spanne von 5,0 bis 5,25 Prozent, wie die Federal Reserve mitteilte.
Das ist der höchste Wert seit 2007 - also vor Beginn der weltweiten Finanzkrise. Fed-Chef Jerome Powell öffnete die Tür für eine mögliche Zinspause, legte sich aber nicht fest. Er machte aber deutlich, dass Zinssenkungen absehbar nicht zu erwarten seien.
»Die Inflation hat sich seit Mitte des letzten Jahres etwas abgeschwächt. Dennoch ist der Inflationsdruck nach wie vor hoch«, betonte Powell. Es werde noch einige Zeit dauern, bis sich die Auswirkungen der strengen Geldpolitik zeigen. Die Fed sei der Auffassung, dass Inflation nur langsam zurückgehe. »Und wenn diese Vorhersage im Großen und Ganzen stimmt, wäre es nicht angemessen, die Zinsen zu senken«, betonte der Fed-Chef. Weniger klar positionierte sich die Notenbank beim Thema Zinspause. Man habe das Gefühl, dass man sich dem Ende der Anhebungen nähere - oder gar schon angekommen sei, so Powell.
Die Fed musste bei ihrer Entscheidung abwägen zwischen der Beruhigung der Sorgen im Bankensektor und dem Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise. Denn weitere deutliche Zinserhöhungen könnten den Markt verunsichern. Mit der First Republic Bank ist gerade erst ein weiteres strauchelndes US-Geldhaus zusammengebrochen. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass der Branchenführer JP Morgan Chase die in Schieflage geratene Bank in einer staatlich koordinierten Rettungsaktion übernimmt. Nach dem Kollaps der Silicon Valley Bank und der Signature Bank im März hatte es zunächst so ausgesehen, als seien die Turbulenzen überwunden. Powell betonte nun: »Das US-Bankensystem ist solide und widerstandsfähig.«
Verbraucherpreise in den USA weiter zu hoch
Die aggressiven Zinserhöhungen der Fed haben auch einen Teil der Turbulenzen im Bankensektor ausgelöst. Die kollabierten Banken haben sich nicht ausreichend gegen steigende Zinssätze geschützt. Diese haben etwa den Marktwert ihrer Wertpapierbestände verringert. Im vergangenen Jahr hatte die Fed mehrmals den Leitzins um beachtliche 0,75 Prozentpunkte angehoben. Damit hatte die Zentralbank ein Tempo vorgelegt wie seit Jahrzehnten nicht. Zuletzt setzte die Fed aber auf kleinere Zinsschritte.
Die Inflation im Zaum zu halten, ist die klassische Aufgabe der Notenbanken. Steigen die Zinsen, müssen Privatleute und Wirtschaft mehr Geld für Kredite ausgeben - oder leihen sich weniger Geld. Das Wachstum nimmt ab, Unternehmen können höhere Preise nicht einfach weitergeben - und idealerweise sinkt die Inflationsrate. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass die Wirtschaft abgewürgt wird. Die hohe Inflation in den USA hatte sich zuletzt zwar stärker als erwartet abgeschwächt - liegt aber immer noch weit entfernt von der angestrebten Inflationsrate der Fed von durchschnittlich 2 Prozent.
Die jüngsten Turbulenzen im Bankensektor könnten wegen einer zurückhaltenderen Kreditvergabe einen ähnlichen Effekt haben wie Zinserhöhungen und die Nachfrage dämpfen. Darauf setzt auch Fed-Chef Powell. »Wenn die Banken ihre Kreditstandards anheben, kann dies in ähnlicher Weise zu einer Verknappung der Kredite führen«, sagte er. Es sei aber unmöglich, genau vorherzusagen, in welche Maße sich das auf das Wirtschaftswachstum auswirke.
Unruhe herrscht aktuell an den Märkten auch wegen des Streits um die Schuldenobergrenze. US-Finanzministerin Janet Yellen warnte, dass ein Zahlungsausfall der größten Volkswirtschaft der Welt bereits am 1. Juni drohen könnte, sollte die Schuldengrenze nicht angehoben werden. Auch das belastet die US-Wirtschaft - und könnte das Wachstum drücken. Powell warnte: »Niemand sollte davon ausgehen, dass die Fed die Wirtschaft vor den möglichen kurz- und langfristigen Auswirkungen einer nicht fristgerechten Bezahlung unserer Rechnungen schützen kann.«
© dpa-infocom, dpa:230503-99-548110/5