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Fast ein Zehntel weniger Aufträge am Bau in Deutschland

Bei den Bau-Unternehmen gehen immer weniger neue Aufträge ein. Dabei sind Neubauten nicht nur für Mieter so wichtig, finden Verbände und Gewerkschaft.

Bauindustrie
Der Abwärtstrend in der Baubranche hatte bereits im zweiten Quartal 2022 unter anderem wegen hoher Baupreise und steigender Finanzierungskosten eingesetzt. Foto: Julian Stratenschulte
Der Abwärtstrend in der Baubranche hatte bereits im zweiten Quartal 2022 unter anderem wegen hoher Baupreise und steigender Finanzierungskosten eingesetzt.
Foto: Julian Stratenschulte

Angesichts der Auftragsflaute am Bau hat die Gewerkschaft IG BAU vor Entlassungen gewarnt. Würden Fachkräfte nach Hause geschickt, drohe ein ähnlicher Effekt wie in der Gastronomie, warnte IG-BAU-Vorstandsmitglied Carsten Burckhardt am Freitag. Er sagte: Wer einmal geht, der ist weg. Der kommt, wenn man ihn wieder braucht, auch nicht zurück."

Zuvor hatte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden berichtet, dass im vergangenen Jahr die Aufträge für das deutsche Bauhauptgewerbe preisbereinigt um 9,6 Prozent zurückgegangen sind. Zu den aktuellen, stark gestiegenen Preisen waren die Bestellungen allerdings 4,8 Prozent mehr wert als im Jahr 2021. Ähnlich verhielt es sich beim Umsatz: Er stieg 2022 laut Bundesamt zwar nominal um 9,8 Prozent auf den neuen Höchststand von 108,9 Milliarden Euro. Preisbereinigt blieb ein realer Rückgang um 5,8 Prozent im Vergleich zu 2021.

Der Abwärtstrend bei den Bestellungen hatte bereits im zweiten Quartal unter anderem wegen hoher Baupreise und steigender Finanzierungskosten eingesetzt. Besonders deutlich ging das Neugeschäft im Wohnungsbau mit einem realen Minus von 15,1 Prozent zurück. Im Tiefbau verringerten sich die Order nur um 3,0 Prozent.

Im Wohnungsbau befinde sich der Auftragseingang weiter im freien Fall, sagte der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, Felix Pakleppa. Selbst schon genehmigte Wohnungsprojekte führten kaum noch zu Aufträgen. Die Zahl der fertiggestellten Wohnungen entferne sich so immer weiter von der Zielvorgabe 400.000 neuer Einheiten im Jahr. Für 2022 gehe der ZDB von 280.000 neue Wohnungen aus und im laufenden Jahr von nur noch 245.000. Für Mieter werde sie Situation in den Großstädten immer schwieriger und die Betriebe liefen Gefahr, ihre Beschäftigten nicht halten zu können.

Stimmung in der Branche verdüstert

Der Verband der Bauindustrie (HDB) rechnet mit stagnierenden Beschäftigtenzahlen und einem weiteren realen Umsatzverlust von 6 Prozent im laufenden Jahr. Die Stimmung in der Branche habe sich verdüstert, so Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller. So rechneten 40 Prozent der Betriebe mit einer Verschlechterung der Geschäftslage binnen zwölf Monaten. Im Hochbau seien es gar 46 Prozent, was angesichts der »Schockstarre« am Wohnungsbaumarkt kein Wunder sei.

Verbände wie Gewerkschaften verlangten Erleichterungen bei den Bauvorschriften, die Fördergelder eng an strenge Klimaziele koppeln. Der IG-BAU-Vorstand Burckhardt verwies auf den nach wie vor hohen Bedarf nach Wohnraum, energetischen Sanierungen und moderner Infrastruktur. Bund und Länder müssten die Bautätigkeit intensiver fördern und das Bauen insbesondere für sozial orientierte Wohnungsunternehmen erleichtern.

Die Bauindustrie war lange Zeit eine Stütze der deutschen Konjunktur und hat dank des Immobilienbooms gut verdient. Insbesondere der Wohnungsbau, der die Branche in den vergangenen Jahren beflügelt hatte, ist aber ins Stocken geraten. Die Wohnungsbauziele der Bundesregierung liegen derzeit außer Reichweite. Aber auch öffentliche Auftraggeber und Unternehmen hielten sich zuletzt wegen teurerer Finanzierungen und hochschießender Baupreise zurück. Dazu kommt Unsicherheit um den Ukraine-Krieg.

© dpa-infocom, dpa:230224-99-720600/8