Der Goldpreis kann sich nach Einschätzung von Experten auch im kommenden Jahr auf hohem Niveau halten. Ob 2023 ein Jahr der Edelmetalle wird oder nicht, hängt aus ihrer Sicht vor allem davon ab, wie weit die US-Notenbank Fed den Leitzins im Kampf gegen die hohe Inflation anheben wird.
Wenn die Zinsen in den USA nicht mehr steigen und der US-Dollar an Wert verliere, »kann Gold 2023 wieder glänzen«, sagte Rohstoffexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank. Im Jahresausblick des Branchenverbands World Gold Council (WGC) heißt es, das Zusammenspiel zwischen Inflation und Aktion der Zentralbanken werde entscheidend sein.
2022 hielt sich der Goldpreis dank teils rekordhoher Inflationsraten, einer drohenden Energiekrise und des Kriegs in der Ukraine letztlich auf hohem Niveau. Zeitweise lag er nur knapp unter dem Rekordhoch vom Sommer 2020 (2075 Dollar). Nach einer Talfahrt in den Monaten Mai bis September wegen des starken Zinsanstiegs und Dollars legte das Edelmetall, das bei Anlegern als Krisenwährung geschätzt ist, aber seit Anfang November wieder spürbar zu. Der Preis stieg seither um fast 200 Dollar je Feinunze auf zuletzt 1800 Dollar.
Die Ursache für diesen Anstieg liegt vor allem bei der US-Notenbank, die beim Kampf gegen die hohe Inflation bereits einen Gang zurückgeschaltet hat. Die Hoffnung auf ein etwas weniger aggressives Vorgehen der US-Notenbank gegen die hohe Inflation belastet den Dollar seit November. Da Gold auf dem Weltmarkt in Dollar gehandelt wird, macht eine Kursschwäche der amerikanischen Währung das Edelmetall günstiger, was die Nachfrage antreibt.
Was macht die US-Notenbank Fed?
Unter Ökonomen gilt es als sicher, dass die Inflation in den USA den Höhepunkt überschritten hat. Dennoch wird die Fed die Zinsen auch 2023 weiter erhöhen, heißt es übereinstimmend. Die entscheidende Frage am Goldmarkt ist: Wann wird die Fed die Zinserhöhungen stoppen, und ist schon 2023 mit wieder sinkenden Zinsen zu rechnen?
Derzeit wird der Zinsgipfel in den USA bei etwa fünf Prozent erwartet, der im kommenden Frühjahr erreicht werden dürfte. Dann rechnen Ökonomen mit einer Phase, in der die Zinsen stabil bleiben, bis sie vor dem Hintergrund einer schwachen Konjunktur wieder sinken dürften.
»Dies könnte im zweiten Halbjahr des kommenden Jahres der Fall sein, weil dann die Inflation weit genug abgesunken ist und die US-Wirtschaft seit Jahresbeginn in einer Rezession ist«, sagte Fritsch. Sollte dies tatsächlich eintreten, sei mit einem leicht steigenden Goldpreis zu rechnen. Fritsch erwartet zum Jahresende 2023 einen Goldpreis von 1850 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm).
Von der Nachrichtenagentur Bloomberg befragte Analysten gehen im Mittel davon aus, dass der Goldpreis Ende 2023 bei 1835 Dollar je Unze liegen dürfte. Die Spanne reicht von 1600 Dollar, die von Rohstoffexperten der Landesbank Baden-Württemberg erwartet werden, bis zu 1900 Dollar, mit denen Experten der Deutschen Bank rechnen.
»Geopolitisches Unruhepotenzial«
Nach Einschätzung des World Gold Council gibt es neben der US-Geldpolitik weitere Faktoren, die den Goldpreis 2023 stützen dürften. Die WGC-Experten verwiesen auf das »Geopolitisches Unruhepotenzial«. Außerdem wird eine bessere Konjunktur in China erwartet, was die Nachfrage nach dem Edelmetall ebenfalls stützen dürfte. Auf der anderen Seite könnten vergleichsweise hohe Renditen auf Staatsanleihen die Nachfrage nach Gold bremsen. Denn bei steigenden Zinsen werden Anleihen zu einem immer größeren Konkurrenten auf der Suche von Investoren nach sicheren Anlagen.
Fritsch verwies darauf, dass Gold 2022 weit weniger an Wert verloren habe als Aktien, Staatsanleihen oder Kryptowährungen. »Anleger konnten also in diesem herausfordernden Jahr mit Gold den Großteil ihres Vermögens sichern.« Gerechnet in Euro hat der Goldpreis im Krisenjahr 2022 sogar ein Rekordhoch erreicht, als im März zeitweise 1902 Euro für die Unze gezahlt wurden. Fritsch: Auf Jahressicht können sich »Goldanleger in Europa über einen Gewinn freuen«.
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