BRÜSSEL. Die 750 Milliarden Euro schweren Corona-Aufbauhilfen der Europäischen Union sind nach knapp einem Jahr Vorbereitung auf der Zielgeraden.
Die EU-Kommission kann nach eigenen Angaben in den nächsten Tagen mit der Aufnahme der Schulden zur Finanzierung des Programms beginnen, nachdem alle 27 EU-Staaten die nötigen Beschlüsse ratifiziert haben. Kommissionschefin Ursula von der Leyen begrüßte dies am Freitag. Sobald die Aufbaupläne der Länder genehmigt sind, kann das erste Geld fließen, voraussichtlich im Juli.
Historische Einigung
Genau ein Jahr vorher, im Juli 2020, hatten sich die Staats- und Regierungschefs auf das beispiellose Programm geeinigt. Als historisch gilt es deswegen, weil die EU-Kommission erstmals im großen Maßstab für Investitionen Schulden aufnimmt, die gemeinsam über Jahrzehnte bis 2058 getilgt werden müssen. Zudem wird zwischen den EU-Staaten kräftig umverteilt. Während die von der Corona-Pandemie am härtesten getroffenen Staaten Spanien und Italien die größten Summen erwarten, bekommt Deutschland einen relativ kleinen Anteil.
Der lange Vorlauf hat Kritik ausgelöst. Doch betont die Kommission, für EU-Verhältnisse sei die nun abgeschlossene parlamentarische Ratifizierung der Haushaltsbeschlüsse in allen 27 Staaten schnell gegangen. Diesmal sei dies in fünf Monaten geschehen, während es bei der vorherigen Änderung des sogenannten Eigenmittelbeschlusses 28 Monate gedauert habe, sagte ein Sprecher. Zuletzt hatten am Donnerstag die Parlamente in Polen und Österreich ihre Zustimmung gegeben.
Bereits nächste Woche soll nach Angaben der Kommission die Vorbereitung zur Schuldenaufnahme beginnen, unter anderem mit der Annahme eines Kredit- und Finanzierungsplans. Wann die Behörde die ersten Anleihen für das Next Generation EU genannte Corona-Programm auflegt, ließ sie offen, um den günstigsten Moment auf den Märkten abzupassen.
An Konditionen gebunden
Das meiste Geld aus dem Programm - nämlich 672,5 Milliarden Euro - wird über den Aufbaufonds RRF ausgeschüttet, teils als Zuschüsse, teils als Kredit. Um das Geld zu bekommen, mussten die EU-Staaten detaillierte Aufbaupläne vorlegen. Eine Bedingung ist, dass mindestens 37 Prozent der Mittel in den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft fließen und 20 Prozent in die Digitalisierung.
Die Ende April eingereichten Pläne werden bis Ende Juni geprüft, wie eine Kommissionssprecherin sagte. Anschließend muss der Ministerrat der EU-Staaten die Dokumente billigen. Danach kann die Kommission mit Abschlagszahlungen beginnen, voraussichtlich ab Juli.
Der Grünen-Haushaltspolitiker Rasmus Andresen zeigte sich erleichtert, dass alle Mitgliedsstaaten der Aufnahme gemeinsamer Schulden zugestimmt hätten. »Noch vor einem Jahr hätte niemand für möglich gehalten, dass es die Europäische Union schafft, dieses historische Paket auf den Weg zu bringen«, erklärte der Europaabgeordnete. Der AfD-Abgeordnete Gunnar Beck erneuerte hingegen seine Kritik. AfD-Vorschläge für eine bessere Kontrolle der nationalen Ausgabenpläne seien ignoriert worden. (dpa)