Die Europäische Union hat einen großangelegten Feldversuch gestartet, um den Bürgerinnen und Bürgern eine sichere digitale Identität zu ermöglichen. Den Anfang machen Mobilfunk-Provider aus Deutschland, Frankreich, Österreich, Polen, Niederlande Griechenland und der Ukraine, die eine Freischaltung von SIM-Karten mit Hilfe einer digitalen Wallet (Brieftasche) erproben. In der Bundesrepublik beteiligen sich die Betreiber O2 Telefónica, Telekom und Vodafone an dem Projekt.
Die Pilotprojekte für EU Digital Identity Wallets werden durch das deutsch-französisch geführte Konsortium Potential verantwortet. Ziel ist es, die digitalen Ausweisfunktionen weiterzuentwickeln und EU-weit zu standardisieren. Dabei sollen fünf verschiedene Nutzerszenarien durchgespielt werden.
Die Nutzerszenarien
Im ersten Szenario geht es darum, eine elektronische Identifizierung und Authentifizierung für Dienste einer digitalisierten Verwaltung zu ermöglichen. An zweiter Stelle steht der digitale Identitätsnachweis bei einer Kontoeröffnung, um aufwendige ID-Verfahren wie Video-Ident überflüssig zu machen.
Das dritte Szenario ist die digitale ID-Lösung bei der Registrierung einer SIM-Karte. Das vierte Szenario soll die Anmietung eines Autos erleichtern, indem die notwendige Fahrerlaubnis digital nachgewiesen werden kann. Beim fünften Szenario geht es darum, eine qualifizierte elektronische Signatur zu erstellen.
Kritik am Vorhaben
Um die unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten einer EU-Wallet zu erproben, versammeln sich nach Angaben der EU 148 Teilnehmer aus 19 EU-Mitgliedstaaten und der Ukraine in dem Konsortium. Manche Datenschützer sehen das Projekt kritisch. Sie befürchten unter anderem, dass eine EU-ID-Lösung dazu beitragen könne, die Menschen im Netz über verschiedene Dienste hinweg mit unerwünschter Werbung zu verfolgen.
In zwei Punkten sind die Systemarchitekten der EU-Wallet den Kritikern bereits entgegengekommen. Zum einen verzichten sie wohl auf eine dauerhafte Personenkennziffer für die ID-Wallet. Diese Kennziffer war zuvor als »Seriennummer für Menschen« kritisiert worden. Zum anderen kommt wohl keine Blockchain-Technik bei dem Speicherkonzept zum Einsatz, obwohl in einer offen einsehbaren Datenbank ohnehin nur der öffentliche Teil des Schlüsselpaars (»Public Key«) für die Verschlüsselung der Daten gespeichert worden wäre.
T-Systems-Chef Adel Al-Saleh hob die Vorteile einer europäischen ID-Lösung hervor. »Sichere digitale Identitäten sind ein Quantensprung für alles, was wir im Internet tun. Wer sich eindeutig im Internet identifiziert, schafft Vertrauen. Davon profitieren nahezu alle Lebensbereiche.«
Michael Jungwirth aus der Geschäftsleitung von Vodafone Deutschland erklärte, Digitalisierung müsse sicher und einfach sein. Sie dürfe auch nicht an den Landesgrenzen enden. »Das gilt auch für die Online-Ausweisfunktion. Echten Mehrwert bringt eine digitale Identität nämlich dann, wenn die Menschen sie nutzen. Und das tun sie, wenn sie der Anwendung vertrauen können und die Handhabung unkompliziert ist.«
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