Deutschlands viertes Mobilfunknetz soll im Sommer nächsten Jahres starten. Der Chef des Telekommunikationsunternehmens 1&1, Ralph Dommermuth, sagte der dpa, dass ab Mitte 2023 in allen Bundesländern Antennen aktiviert sein werden, über die 1&1-Kunden mit dem neuen 5G-Mobilfunknetz verbunden werden.
Zur geplanten Abdeckung beim Start machte er keine Angaben. Bis Ende 2025 muss das 5G-Netz der Firma ein Viertel der deutschen Haushalte erreichen und bis Ende 2030 die Hälfte. »Diese beiden Ziele wollen wir früher erreichen«, sagte der Manager. »Wir sind mit Volldampf im Ausbau.« Zuvor hatte die »Welt am Sonntag« über den geplanten Start berichtet.
Bisher gibt es mit der Deutschen Telekom, mit Vodafone und O2 drei deutsche Mobilfunk-Netze - bald kommt Nummer 4 dazu. Branchenexperten rechnen dann mit einem schärferen Wettbewerb, der zu einem besseren Preis-Leistungs-Verhältnis führen und dem Verbraucher nutzen dürfte. An den Orten, wo noch keine 1&1-Antennen funken, werden die Kunden der Firma automatisch mit dem 4G-Netz von O2 verbunden - dies regelt ein »National Roaming«-Vertrag, den 1&1 nach zähem Ringen im Frühjahr 2021 mit Telefónica/O2 abgeschlossen hat.
2019 hatte das Unternehmen aus Montabaur bei einer Mobilfunk-Auktion der Bundesnetzagentur erstmals in seiner Firmengeschichte eigenes Spektrum ersteigert, und zwar für rund 1,1 Milliarden Euro. Laut damaligen Frequenzauflagen ist die Firma verpflichtet, bis Ende 2022 »1000 Basisstationen für 5G-Anwendungen in Betrieb zu nehmen«, wie es die Regulierungsbehörde formuliert hat. Diese Auflage will 1&1 erfüllen. »Dann kann man über unser Netz im Internet surfen und telefonieren«, sagt Dommermuth. »Es wird jedoch zu diesem Zeitpunkt noch keine Mobilitätsfunktionen unterstützen im Sinne von Zellwechseln, da dann noch kein Nationales Roaming bereitsteht.«
Mobilfunk über einen W-Lan-Router in einer Wohnung
Es handele sich vielmehr in den ersten Monaten um ein sogenanntes Festnetz-Ersatzprodukt, bei dem Mobilfunk über einen W-Lan-Router in einer Wohnung gesendet wird, sagt der Konzernchef. Handys von anderen 1&1-Kunden, die vorbeifahren, werden noch nicht mit dem Netz verbunden - das soll erst ab Mitte 2023 der Fall sein.
Warum geht es mit dem richtigen 5G-Mobilfunknetz erst im Sommer 2023 und nicht schon Ende 2022 los? Dommermuth verweist darauf, dass sein Unternehmen als Neueinsteiger sehr viel Arbeit vor sich gehabt habe und der Abschluss einer »National Roaming«-Vereinbarung vor dem Start des Netzbaus unabdingbar gewesen sei. »Unsere Kunden benötigen bereits in den Jahren des Netzbaus überall Verbindung«, sagt der Manager. »Wenn man ein neues Netz errichten würde und die Kunden erst einmal nur an den eigenen Antennen Abdeckung hätten, würde das nicht funktionieren - dann hätte man schnell keine Kunden mehr.«
Der Bau eines neuen Mobilfunk-Netzes ist teuer. Der Frequenzerwerb und die verbindlich getätigten Aufträge etwa für Glasfaserleitungen, Antennen und Dienstleistungen sowie die bereits getätigten Zahlungen summieren sich bis heute nach den Worten von Dommermuth auf etwa fünf Milliarden Euro. Die Gesamtkosten für das Netz - also inklusive der zukünftigen Bestellungen für weitere Bauphasen - werden nach den Worten des Firmenchefs noch deutlich höher ausfallen.
Technisch aufwendig wird auch die sogenannte Migration der 1&1-Kunden, die bisher die Netze von O2 und Vodafone nutzen. 1&1 habe mehr als elf Millionen Mobilfunk-Kunden - die Übertragung derer Nummern auf das neue 1&1-Netz werde dauern. Bestandskunden nutzten vorerst weiter die anderen Netze. »Ihr Umzug auf unser Netz beginnt im Herbst 2023 und soll dann innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren erfolgen.«
1&1 legte am Donnerstag Geschäftszahlen vor. Im vergangenen Jahr stieg der Umsatz um 3,2 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro. Bereinigt um Sondereffekte erhöhte sich das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) um 5,3 Prozent auf 672 Millionen Euro. Bei dem Mutterkonzern United Internet ging es ebenfalls aufwärts. 2022 soll das Wachstum beider Firmen weitergehen.
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