BERLIN. Die Luft in Deutschlands Städten wird sauberer. Im vergangenen Jahr überschritten nur noch 25 Städte den Grenzwert für gesundheitsschädlichen Stickstoffdioxid - das NO2 genannte Gas ist der Grund für Diesel-Fahrverbote. 2018 waren die Werte noch in 57 Städten höher gewesen, als die EU erlaubt.
Der Trend zur besseren Luft war schon länger klar, nun legten Umweltbundesamt (UBA) und Bundesumweltministerium die endgültige Auswertung der Daten aus den Ländern für das Jahr vor. Die zeigen: In den Städten mit hoher Belastung ist die Luft durch die Bank besser geworden, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß.
Im Jahresmittel darf die Belastung mit NO2, das laut UBA in verkehrsreichen Städten hauptsächlich aus Diesel-Abgasen stammt, den Wert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nicht überschreiten. Er gilt schon seit 2010. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) begrüßte die Daten: »Das zeigt: Umweltpolitik wirkt«, sagte sie. Dennoch reichten die bisherigen Maßnahmen nicht aus, um den Grenzwert wirklich überall einzuhalten. »Die Lösung liegt in saubereren Fahrzeugen und einer grundlegenden Mobilitätswende.«
Überschritten wurde der Grenzwert demnach nur in Straßen mit viel Verkehr in Ballungsräumen und Städten. Spitzenreiter waren - Stand Ende Mai - München, Darmstadt, Stuttgart, Limburg an der Lahn und Frankfurt am Main. Aber auch dort sanken die Werte. Als Grund für die Verbesserung gibt das Umweltbundesamt Tempolimits, Fahrverbote oder der Einsatz saubererer Busse an, aber auch Softwareupdates für Dieselautos und die Erneuerung der Fahrzeugflotte. Auch das Wetter beeinflusse die Ausbreitung von Luftschadstoffen.
Die Corona-Krise wirkt sich dem Umweltbundesamt zufolge bereits jetzt auf die Werte für 2020 aus. An manchen Orten sei die NO2-Belastung um bis zu 40 Prozent weiter zurückgegangen. »Diese positive Erkenntnis sollten wir unbedingt als weiteren Anlass für eine langfristige Verkehrswende aus dieser Krise mitnehmen«, forderte der Präsident des Umweltbundesamts, Dirk Messner. Für den Schutz der menschlichen Gesundheit brauche wir eine dauerhafte und nachhaltige Verbesserung. »Dass weniger Verkehr zu besserer Luft und auch weniger Lärm führt und sich damit die Lebensqualität in unseren Städten erhöht, hat uns die Corona-Krise vor Augen geführt.«
NO2 stand im Zentrum des VW-Skandals - dabei ging es darum, dass Autos auf der Straße sehr viel mehr Schadstoffe ausstoßen als auf dem Prüfstand, also als offiziell angegeben. Inzwischen gibt es neue Vorgaben für die Tests auf dem Prüfstand.
Besonders die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat sich den Kampf gegen zu hohe NO2-Werte auf die Fahnen geschrieben und zog vielfach vor Gericht, um mehr Maßnahmen für saubere Luft und auch Fahrverbote für ältere Diesel zu erzwingen. Elf Verfahren laufen nach Angaben des Vereins noch - in Osnabrück, Kiel, Hannover, Würzburg, Fürth, Nürnberg, Regensburg, Passau, Freiburg, Heilbronn und Backnang.
Die Bundesregierung hatte mit einem »Sofortprogramm Saubere Luft 2017-2020« reagiert, das etwa den Umstieg etwa auf umweltfreundliche Busse oder Lieferwagen fördert. 1,5 Milliarden Euro wurden dafür bereitgestellt. Zudem bekamen Millionen Diesel-Pkw ein Software-Update, um die Abgasreinigung zu verbessern. Nach langem Streit wurden auch Hardware-Nachrüstungen direkt am Motor ermöglicht.
Angesichts der neuen Daten wandte die FDP im Bundestag sich erneut gegen Diesel-Fahrverbote. Fraktions-Vize Frank Sitta sagte, die Luftqualität werde unabhängig von Straßensperren besser. Schulze solle anerkennen, dass Flottenerneuerung und Softwareupdates der Hauptgrund für die Verbesserung seien, statt »auf undifferenzierte Schikanierung durch eben solche intransparenten und ineffizienten Maßnahmen wie Fahrverbote zu setzen«. Ähnlich äußerte sich die umweltpolitische Sprecherin der Fraktion, Judith Skudelny. Andere Emissionsquellen und auch der Luftdruck wirkten sich ebenso auf die Luftqualität aus. »Der pauschale Ruf nach Fahrboten verbessert nicht überall die Luftqualität.« (dpa)