Aus China kamen erneut enttäuschende Konjunkturnachrichten. Um die schwächelnde Wirtschaft zu stützen, drehte die chinesische Zentralbank nun abermals an der Zinsschraube. Der Schritt konnte die Anleger jedoch nicht beruhigen, sondern wurde eher als Eingeständnis aufgefasst, dass sich die Konjunktur deutlich abgeschwächt hat. »Die Wirtschaftslokomotive China verliert an Fahrt«, resümierte Marktanalyst Christian Henke vom Handelshaus IG.
Wirtschaftsdaten aus den USA zeigten Licht und Schatten, ließen den Dax aber weitgehend kalt. Vor allem die im Juli höher als gedacht ausgefallenen US-Einzelhandelsumsätze ließen aufhorchen und schürten Zinssorgen. Ein gesundes Konsumumfeld könnte einerseits die US-Wirtschaft vor einer harten Landung bewahren, andererseits könnte bei einer allzu robusten Tendenz die US-Notenbank Fed die hohen Zinsen noch länger oben lassen, erläuterte Analyst Edward Moya vom Broker Oanda.
Rohstoffwerte waren europaweit angesichts der Wirtschaftssorgen in China besonders schwach. Aber auch Immobilienwerte büßten ein, wenngleich der europäische Sektor die Verluste zum Handelsende etwas reduzierte. Immobilienfirmen ächzen unter den steigenden Kapitalmarktzinsen. So schlossen unter den größten Dax-Verlierern Vonovia rund zwei Prozent tiefer. In den USA hatte sich zudem die Stimmung auf dem Häusermarkt im August im Zuge steigender Hypothekenzinsen und hoher Baukosten eingetrübt.
Die Papiere von Encavis waren mit einem Minus von 3,9 Prozent unter den schwächsten Werten im MDax. Das zweite Quartal des Wind- und Solarparkbetreibers sei schwächer als gewöhnlich ausgefallen aufgrund des nicht ganz so günstigen Wetters, schrieb Analyst Peter Crampton von Barclays und blieb bei seinem »Underweight«-Votum.
Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor am Dienstag 0,96 Prozent auf 4288,57 Punkte. In Paris ging es an der Börse ähnlich deutlich nach unten, in London fielen die Verluste sogar noch höher aus. In Großbritannien steigen die Löhne und Gehälter nach wie vor stark. Die Lohnentwicklung ist auch ein Hinweis auf eine weiter hohe Inflation und dürfte die britische Notenbank zusätzlich unter Druck setzen.
In New York standen der Leitindex Dow Jones Industrial wie auch der technologielastige Auswahlindex Nasdaq 100 zum europäischen Börsenschluss jeweils um die 0,7 Prozent tiefer.
Der Euro wurde nach dem hiesigen Börsenschluss zu 1,0928 US-Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Nachmittag auf 1,0926 (Montag: 1,0930) Dollar festgesetzt, der Dollar damit 0,9152 (0,9149) Euro gekostet. Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 2,63 Prozent am Vortag auf 2,71 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,50 Prozent auf 123,38 Punkte. Der Bund-Future rutschte um weitere 0,31 Prozent auf 130,83 Punkte ab.
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