Frankfurt/Berlin (dpa) - Die Bedrohung der Menschen in Deutschland durch den Coronavirus scheint bislang gering. Dennoch könnten sich Reisebeschränkungen und die Sorge um zurückgehende Handelsströme auf die Wirtschaftsleistung auswirken.
Die weltweiten Börsen spiegeln mit Kursrückgängen die Verunsicherung wider, die sich angesichts der Ausbreitung des Virus eingestellt hat. Unternehmen versuchen, ihre Mitarbeiter vor Ansteckung zu schützen.
TOURISMUS: China ist für deutsche Veranstalter eher ein kleiner Markt. Der Deutsche Reiseverband wies darauf hin, dass jährlich etwa 600 000 bis 650 000 Menschen aus Deutschland nach China reisen. Davon sind etwa zwei Drittel Geschäftsreisende. Für den Deutschland-Tourismus sind Gäste aus China von größerer Bedeutung. So wurden nach jüngsten Daten 2018 etwa 3 Millionen Übernachtungen von chinesischen Reisenden in Hotels, Pensionen und anderen Unterkünften gezählt. Sie belegten damit Platz 12 im Ranking ausländischer Urlauber. Hauptreisesaison sind die Sommermonate. Welche Folgen die Reisebeschränkungen haben, hängt davon ab, wie lange sie in Kraft bleiben.
REISEVERZICHT: Nach der Infektion zweier Mitarbeiter mit dem Virus hat der bayerische Autozulieferer Webasto Dienstreisen sowohl nach China als auch innerhalb Chinas vorerst ausgesetzt. In der Unternehmenszentrale in Stockdorf südwestlich von München ist den 1000 dort beschäftigten Kollegen freigestellt, zu Hause zu arbeiten. Zuvor war bekannt geworden, dass ein Mitarbeiter in Stockdorf von einer chinesischen Kollegin aus Schanghai mit dem neuen Coronavirus angesteckt worden war.
Auch andere deutsche Unternehmen beschränkten Dienstreisen von, nach und in China, darunter Thyssenkrupp, der Autozulieferer Schaeffler, der Spezialchemiekonzern Covestro, BMW, Audi und Siemens.
Der Softwarehersteller SAP lässt seine Niederlassungen in China auch über die Neujahrsferien hinaus geschlossen. Die Mitarbeiter könnten in der Zeit von zu Hause aus arbeiten. Der Handelskonzern Metro hat in seinen vier Großmärkten in der Metropole Wuhan Körpertemperatur-Kontrollpunkte eingerichtet, berichtete der Handelsriese am Dienstag. So sollen Mitarbeiter und Kunden mit Fieber entdeckt werden.
LUFTVERKEHR: Fluggesellschaften könnten besonders unter der Furcht vor dem Coronavirus leiden. Die Sorgen der Reisenden und die Beschräkungen der Arbeitgeber lassen die Buchungszahlen bei der Lufthansa bereits etwas sinken. »Wir verzeichnen ein leicht zurückgehendes Buchungsverhalten bei Flügen von und nach China«, sagte ein Sprecher der Lufthansa am Dienstag in Frankfurt. Die Aktie der Lufthansa war auch am Dienstag unter Druck. Am Nachmittag lag sie knapp ein Prozent im Minus.
MESSEN: Die weltgrößte Spielwarenmesse in Nürnberg erwartet angesichts des Coronavirus-Ausbruchs in diesem Jahr weniger Besucher aus China. Deshalb und wegen des Neujahrsfests würden voraussichtlich weniger Chinesen die diesjährige Messe besuchen, sagte Messechef Ernst Kick am Dienstag am Rande der Neuheiten-Show. Mehr 360 der 3000 Aussteller kommen aus China. Sie machen damit die zweitgrößte Gruppe aus.
HILFE: Der Pharmakonzern Bayer hat Medikamente und Geld im Gesamtwert von 1,5 Millionen Euro zur Bekämpfung des Virus in China gespendet. Empfänger ist das chinesische Rote Kreuz. Die Medikamente - vom Antibiotikum bis zum Vitamin-C-Präparat - seien bereits ausgeliefert worden.
BÖRSEN: Die Furcht vor den wirtschaftlichen Folgen der Virusverbreitung führte zu einem schwachen Wochenstart an der Wall Street. Der Dow-Jones-Index schloss am Montag mit einem Minus von 1,57 Prozent bei 28 535,80 Punkten. Der deutsche Leitindex Dax trat nach der Vortages-Korrektur auf den tiefsten Stand seit drei Wochen am Dienstag mehr oder weniger auf der Stelle.
ÖLPREIS: Die Ölpreise sind am Dienstag leicht gesunken und setzten damit die Talfahrt der vergangenen Handelstage fort. Auch am Ölmarkt blieb das Coronavirus das beherrschende Thema.
GOLD: Die Verunsicherung rund um das Coronavirus dürfte auch eine Stütze für den Goldpreis sein. Dieser wird allerdings durch viele Faktoren beeinflusst. Das Edelmetall wurde am Dienstag bei 1580 Dollar je Feinunze gehandelt.