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Brüssel will mehr Geld von EU-Ländern

Die Krisen der vergangenen Jahre haben ihre Spuren hinterlassen, der EU-Etat ist löchrig. Nun fordert die EU-Kommission mehr Geld für die kommenden Jahre - beißt aber bei Deutschland auf Granit.

EU-Kommission fordert mehr Geld von EU-Ländern
Ukraine, Migration, Wettbewerb: In diese Bereiche soll das Geld der EU-Länder fließen. Foto: Arne Immanuel Bänsch/DPA
Ukraine, Migration, Wettbewerb: In diese Bereiche soll das Geld der EU-Länder fließen.
Foto: Arne Immanuel Bänsch/DPA

Die Löcher im EU-Haushalt sind nach Ansicht der EU-Kommission zu groß. Sie bitte die Mitgliedsländer, die EU zusätzlich mit insgesamt knapp 66 Milliarden Euro für die kommenden Jahre auszustatten, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel. Das Geld soll etwa in die Bereiche Migration, Ukraine und Wettbewerb fließen, aber auch für höhere Zinsen und Mehrkosten aufgrund der Inflation aufgewendet werden.

Bundesfinanzminister Christian Lindner erteilte dem Vorhaben eine Absage: »Angesichts der ernsten Haushaltssituation in vielen Mitgliedsstaaten ist jetzt der falsche Moment, zusätzlichen Finanzbedarf anzumelden«, twitterte der FDP-Politiker. Stattdessen solle EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen existierende Spielräume und Restrukturierungen im Haushalt in den Blick nehmen.

Tweet Lindner

Die EU einigte sich 2020 nach zähen Verhandlungen auf den rund 1,1 Billionen Euro umfassenden Gemeinschaftsetat für die kommenden sieben Jahre. Bei diesen Verhandlungen zum EU-Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 willigten die Bundesrepublik und die anderen Nettozahler ein, ihre Beiträge noch einmal zu erhöhen, um den durch den EU-Austritt des Nettozahlers Großbritannien entstandenen Verlust weitgehend auszugleichen.

Nun wurde die Finanzplanung turnusmäßig überprüft. »Die vielfältigen Herausforderungen der letzten Jahre haben die Flexibilität und die Fähigkeit der EU, auf künftige Krisen zu reagieren, erschöpft«, sagte Haushaltskommissar Johannes Hahn. Die nun vorgeschlagene Überarbeitung des sogenannten mehrjährigen Finanzrahmens sei »ein realistischer und zielgerichteter Weg nach vorn«.

Ukraine und Migration in die EU

Ein Teil des Geldes soll in die finanzielle Reserve für die Ukraine in Höhe von 50 Milliarden Euro für die Jahre 2024 bis 2027 fließen. Die jährlichen Beträge sollen nach Angaben der EU-Kommission jedes Jahr entsprechend der Bedürfnisse der Ukraine und der aktuellen Situation festgelegt werden. Umfasst sind Kredite, aber auch Zuschüsse für das kriegsgebeutelte Land. Damit soll zum einen die Wirtschaft stabilisiert werden, aber es sollen auch wichtige Reformen angestoßen werden, die für den geplanten EU-Beitritt der Ukraine wichtig sind.

Um die Herausforderungen bei der Migration in die EU zu bewältigen, brauche die EU zusätzlich 15 Milliarden Euro, sagte von der Leyen. »Wir müssen intensiver mit unserer Nachbarschaft zusammenarbeiten, um ihre wirtschaftliche Entwicklung zu fördern und diese Länder zu stabilisieren«, so von der Leyen. Dabei sollen unter anderem zwei Milliarden Euro in Grenzkontrollen und die Umsetzung des neuen Migrationspakets fließen.

Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft

Die dritte Priorität sei die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft in der EU. Es sei entscheidend, einen »technologischen Vorsprung in der Welt von morgen« zu haben, so von der Leyen. Daher bitte die EU um eine begrenzte Aufstockung von zehn Milliarden Euro für bestimmte Fonds zur Förderung etwa von grünen Technologien oder Biotechnologien.

»Die Mitgliedsstaaten dürfen nicht weiter auf der Bremse stehen«, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Grünen im EU-Parlament, Rasmus Andresen. »Vor allem von Bundeskanzler Scholz erwarten wir, dass er sich für eine Aufstockung in Zukunftsbereichen wie gemeinsame, grüne und europäische Infrastruktur einsetzt.«

Nun müssen das Europaparlament und die EU-Staaten über den Vorschlag der EU-Kommission verhandeln. Nach Angaben der EU-Kommission sollten die Verhandlungen darüber vor Ende des Jahres abgeschlossen sein, da ansonsten bereits 2024 drängende Haushaltszwänge eintreten werden.

© dpa-infocom, dpa:230620-99-124327/3