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Bosch-Chef: »Deutschland-Tempo« braucht Aushandlungsprozess

Die Mühlen der deutschen Bürokratie gelten als Hemmnis für den schnellen Ausbau von Windkraft oder Stromleitungen. Dass die Regierung nun Tempo machen will, freut den Chef von Bosch. Er sieht aber auch Diskussionsbedarf.

Bosch-Chef Stefan Hartung
»Erst mal ist es doch sehr beruhigend, dass die Regierung so schnell handelt, wenn es darauf ankommt. Das sollte aber nicht automatisch bedeuten, dass wir ab jetzt immer so kategorisch handeln und etwa dem Nachbarn gegen seinen Willen ein Windrad in den Garten stellen«, sagt Stefan Hartung. Foto: Bernd Weißbrod
»Erst mal ist es doch sehr beruhigend, dass die Regierung so schnell handelt, wenn es darauf ankommt. Das sollte aber nicht automatisch bedeuten, dass wir ab jetzt immer so kategorisch handeln und etwa dem Nachbarn gegen seinen Willen ein Windrad in den Garten stellen«, sagt Stefan Hartung.
Foto: Bernd Weißbrod

Bosch-Chef Stefan Hartung hofft auf eine breite Debatte zum von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ausgerufenen »Deutschland-Tempo« bei Infrastrukturprojekten. »Es wird einen politischen und gesellschaftlichen Dialog dazu geben müssen. Und er wird vielleicht auch ein bisschen kontroverser sein«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Er hoffe, dass am Ende ein Regelwerk herauskomme, mit dem es zwar nicht zwingend so schnell gehen müsse wie bei den um den Jahreswechsel in Betrieb genommenen LNG-Terminals - aber auch nicht so langsam wie vorher.

Mitte Dezember war nach zehn Monaten Planungs- und Bauzeit das erste deutsche Terminal für den Import von Flüssigerdgas (LNG) eröffnet worden. Ziel war, die Lücke bei der Gasversorgung wegen ausbleibender russischer Gaslieferungen ein Stück weit zu schließen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte zu dem Anlass von einem neuen »Deutschland-Tempo« gesprochen. Zudem hatte die Bundesregierung zuletzt eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für Windräder und Stromleitungen auf den Weg gebracht.

»Erst mal ist es doch sehr beruhigend, dass die Regierung so schnell handelt, wenn es darauf ankommt. Das sollte aber nicht automatisch bedeuten, dass wir ab jetzt immer so kategorisch handeln und etwa dem Nachbarn gegen seinen Willen ein Windrad in den Garten stellen«, sagte Hartung. Es müsse daher immer noch einen Aushandlungsprozess geben, was man als Gesellschaft richtig und falsch finde.

In der Vergangenheit habe man es mit dem klassischen Regelwerk versucht und nicht geschafft. »Wir sollten uns nochmal Gedanken machen, ob das bisherige Vorgehen so richtig war. Vielleicht haben wir es mit dem Regelwerk auch übertrieben und es uns zu kompliziert gemacht.«

Angesichts der vielen offenen Aufgaben etwa beim Ausbau der Stromtrassen beneide er die Bundesregierung und die beteiligten Unternehmen aber nicht, sagte Hartung. »Als Konsument dieser Energien brauche ich den Ausbau unbedingt und er soll so grün sein, wie es geht.«

© dpa-infocom, dpa:230211-99-555908/2