Teure Probleme mit mehreren Flugzeugtypen haben dem Luftfahrt- und Rüstungskonzern Boeing 2022 das vierte Verlustjahr in Folge eingebrockt. Mit 5,05 Milliarden Dollar (rund 4,6 Mrd Euro) lag der Fehlbetrag unter dem Strich noch höher als die knapp 4,3 Milliarden ein Jahr zuvor, wie der US-Rivale des europäischen Herstellers Airbus am Mittwoch in Arlington mitteilte. Auch im vierten Quartal schrieb Boeing rote Zahlen. In den drei Monaten bis Ende Dezember betrug das Minus 663 Millionen Dollar. Dabei legten die Erlöse um 35 Prozent auf knapp 20 Milliarden Dollar zu.
Trotz des erneuten Verlusts bezeichnete Konzernchef Dave Calhoun das Schlussquartal in einem Memo an die Beschäftigten als »solide« und wertete 2022 als wichtiges Jahr der Erholung. »Wir haben bedeutende Fortschritte gemacht«, verkündete der Vorstandsvorsitzende. Calhoun sagte aber auch: »Es bleiben Herausforderungen, und wir haben mehr Arbeit vor uns, um die Stabilität in unseren Geschäftsabläufen und Lieferketten zu erhöhen«. An der Wall Street kamen die Zahlen nicht gut an. Boeings Aktien fielen zum US-Börsenstart um rund drei Prozent. Experten hatten mit besseren Ergebnissen gerechnet.
Der US-Flugzeugbauer steckt seit 2019 in einer schweren Krise. Nach tödlichen Abstürzen zweier Mittelstreckenjets von Typ 737 Max durfte das Modell lange Zeit weltweit nicht abheben. Dann brachte die Corona-Pandemie die ganze Luftfahrtbranche in Schwierigkeiten. Zudem musste Boeing wegen Produktionsmängeln die Auslieferung seines Langstreckenjets 787 »Dreamliner« stoppen und seinen Zeitplan für den runderneuerten Großraumjet 777X um Jahre nach hinten verschieben. Im vergangenen Jahr zogen darüber hinaus Probleme in der Rüstungssparte weitere Belastungen in Milliardenhöhe nach sich.
Allerdings gab es 2022 durchaus auch positive Entwicklungen beim Airbus-Erzkonkurrenten. Seit Boeings 737 Max Ende 2021 wieder für den Flugbetrieb in den USA und anderen wichtigen Märkten zugelassen wurde, sind die Bestellungen und Auslieferungen kräftig gestiegen. Auch die Mängel beim »Dreamliner« sind inzwischen behoben. In Boeings Rüstungs- und Weltraumsparte blieben weitere Hiobsbotschaften zum Jahresende aus. Der unter hohen Entwicklungskosten leidende Geschäftsbereich, der im Vorquartal ein Loch in die Bilanz gerissen hatte, schaffte im Schlussquartal einen Überschuss.
Boeings Management ist schon seit längerem bemüht, den Blick weg von den konzernweiten Nettoverlusten hin zum sogenannten freien Cashflow zu lenken - den für die Liquidität des Unternehmens entscheidenden Barmittelzufluss. Hier wies Boeing 2022 erstmals seit 2018 wieder eine positive Entwicklung auf, was Calhoun im Schreiben an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stolz hervorhob und als »wichtige Kennziffer unserer Erholung« bezeichnete. Im vierten Quartal lag der freie Mittelzufluss bei über drei Milliarden Dollar. Damit konnte Boeing die Prognosen der Analysten zumindest hier übertreffen.
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